45 Tote bei Massenpanik in Israel

30. Apr.
Person, Human, Metropolis

HANDOUT, ISHAY JERUSALEMITE / AFP / picturedesk.com

Bei einer Massenpanik auf einem jüdischen Fest in Nordisrael kamen in der Nacht auf Freitag 45 Menschen ums Leben, 150 wurden teils schwer verletzt.

Ein Sprecher des Rettungsdienstes Zaka spricht von einer "nationalen Katastrophe", einer der schlimmsten der israelischen Geschichte. Angehörige suchen am Freitag weiter nach Vermissten. Es wurde damit gerechnet, dass viele der Opfer noch im Verlauf des Tages - vor Beginn des jüdischen Ruhetages Sabbat - begraben werden.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz drücken den Hinterbliebenen ihr Beileid aus. "Österreich steht in dieser Stunde der Trauer und des Schmerzes an der Seite von Israel", twittert Van der Bellen. Der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft, Oscar Deutsch, schreibt: "Ein fröhlicher Feiertag, der jedoch für Dutzende Menschen in Meron tödlich endete." Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, zeigt sich "schockiert und traurig über die vielen Toten und Verletzten".

Fatale Kettenreaktion

Zehntausende strengreligiöser Juden hatten auf dem Meron-Berg den jüdischen Feiertag Lag Baomer begangen. Nach ersten Erkenntnissen begann die Massenpanik, als Menschen auf einer abschüssigen Rampe mit Metallboden und Wellblech-Trennwänden auf beiden Seiten ins Rutschen kamen. Die dicht gedrängten Feiernden fielen übereinander.

Augenzeugen warfen der Polizei vor, sie habe Menschen in das abgesperrte Areal gelassen, obwohl es schon extrem voll gewesen sei. Nach Beginn der Panik habe die Polizei dann nicht schnell genug Ausgänge auf der anderen Seite geöffnet, so die Kritik.

Exekutive weist Schuld von sich

Die Exekutive nahm offizielle Ermittlungen zu den Ursachen des Unglücks auf. "Es war eine schlimme, tragische Nacht", sagt der zuständige Polizeichef Schimon Lavi. "Ich trage die übergreifende Verantwortung, im Guten wie im Schlechten." Er sei "zu jeder Prüfung bereit". Insgesamt waren rund 5.000 Sicherheitskräfte im Einsatz.

Lavi sagt, die Sicherheitskräfte hätten sich sehr gründlich auf die Feier vorbereitet. "Die Sicherheit stand an erster Stelle." Er warnt vor der Verbreitung von Fehlinformationen in sozialen Medien. Viele der Polizisten hätten Leben gerettet und sich dabei selbst in große Gefahr begeben. Die Behörden hatten die Teilnehmerzahl auf 10.000 begrenzt, nach Medienberichten waren aber bis zu zehnmal mehr Menschen angereist. In sozialen Netzwerken war vor dem Unglück in Videos zu sehen, wie die Menschen dicht gedrängt und ausgelassen sangen, tanzten und hüpften.

Ein Zaka-Sprecher berichtet von Chaos, viele Kinder seien von ihren Eltern getrennt worden. Man bemühe sich, sie zusammenzuführen. "Wir haben es gerade mit einem der schlimmsten Unglücke Israels zu tun gehabt", sagt Dov Meisel von der Organisation United Hatzalah. Die Helfer seien grauenhaften Anblicken ausgesetzt gewesen, die es seit den blutigsten Tagen der Terrorwellen zu Beginn der 2000er-Jahre nicht mehr gegeben habe.

Jüdisches Fest

Lag Baomer ist ein Fest, bei dem unter anderem an den jüdischen Aufstand gegen die römischen Besatzer unter Rebellenführer Bar Kochba erinnert wird. Er war im Jahre 132 ausgebrochen und rund drei Jahre später niedergeschlagen worden. Der Überlieferung nach endete an dem Tag von Lag Baomer eine Epidemie, an der damals zahlreiche jüdische Religionsschüler gestorben waren.

Rabbi Schimon Bar Jochai, der auch an dem Aufstand gegen die Römer beteiligt war, liegt auf dem Meron-Berg begraben. Sein Grab ist ein Wallfahrtsort, den an dem Feiertag jedes Jahr Tausende besuchen. Traditionell werden dann auch Lagerfeuer angezündet. Im vergangenen Jahr waren die Feiern wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkt worden, doch inzwischen sind die Infektionszahlen deutlich gesunken und die Regeln wieder gelockert worden. (APA/Red.)

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