Doping: Deutscher Eisschnellläufer mutmaßlicher Kunde

25. März
Text, Airplane, Transportation

SEEFELD,AUSTRIA,27.FEB.19 – NORDIC SKIING, CROSS COUNTRY SKIING – FIS Nordic World Ski Championships, 15km classic, men. Image shows a anti-doping signing. Photo: GEPA pictures/ Christopher Kelemen

Laut ARD steht mindestens ein deutscher Sportler unter Doping-Verdacht. Der Olympia-Teilnehmer wollte keine Stellung nehmen.

Im Doping-Skandal rund um die Ende Februar in Seefeld und Erfurt durchgeführte Razzia "Operation Aderlass" ist nach Informationen der ARD-Dopingredaktion auch mindestens ein deutscher Sportler unter Verdacht. Ein betroffener Eisschnellläufer sei nach am Sonntag in der ARD-Sportschau verlautbarten Informationen bei Olympia 2018 dabei gewesen. Verschiedene Quellen hätten konkrete Hinweise geliefert.

Diese deuten darauf hin, dass sich dieser Sportler vor den Winterspielen wiederholt sein Blut vom Netzwerk um "Doping-Arzt" Mark S. habe abnehmen lassen. Die ARD habe den Aktiven telefonisch erreicht, dieser habe dazu nichts sagen wollen. Die Staatsanwaltschaft München wollte den Fall nicht kommentieren, verwies auf laufende Ermittlungen. Ähnlich argumentierte Deutschlands Nationale Anti Doping Agentur (NADA).

Radsport: Erheblicher Teil

21 Sportler aus acht Ländern stehen im Visier der Ermittler, laut ARD soll nicht nur der eine Eisschnellläufer ein Deutscher sein. Von den angeblich fünf involvierten Sportarten soll es neben den Eisschnelllauf und wie schon bekannt den Skilanglauf und den Radsport auch die Leichtathletik betreffen. Die fünfte soll eine weitere Wintersportart sein. "Ein nicht unerheblicher Teil der Athleten war im Radsport tätig", sagt Oberstaatsanwalt Gräber der ARD. "Auch Radsportler sind betroffen, die an großen und langen Rundfahrten teilgenommen haben."

Neun Kunden bekannt

Bisher sind neun Aktive als Kunden des Arztes aus dem Skilanglauf (unter ihnen die Österreicher Max Hauke, Dominik Baldauf und Johannes Dürr) und dem Radsport (Stefan Denifl und Georg Preidler) bekannt, wobei ein Kasache sein Geständnis widerrufen hat.

Als Transportbehälter für die zuvor eingelagerten roten Blutkörperchen etwa zu Olympia haben laut Schilderung der Staatsanwaltschaft die Körper der Sportler hergehalten. Etwa vor dem Abflug nach Pyeongchang in Südkorea wurde den Athleten demnach bis zu ein Liter Blutkonzentrat in den Kreislauf infundiert.

"Pervers und kriminell"

Dazu wurde von der ARD der Berliner Sportmediziner und Internist Fernando Dimeo befragt, er nannte dieses Vorgehen "pervers und kriminell": "Man hat keine Erfahrung. Sie müssen sich vorstellen - in einen gesunden Körper spritzt man kein Eigenblut und schon gar nicht vor dem Flug. Das Blut wird dicker. Entsprechend können Gerinnsel entstehen, Thrombosen - lebensgefährlich."

Nach der Landung ließen sich die Athleten von Mitarbeitern des Netzwerks das Blut wieder abzapfen, um es kurz vor dem Wettkampf erneut zuzuführen. Laut Staatsanwaltschaft sei mindestens an einem Athleten ein Hämoglobin-Pulver ausprobiert worden, von dem Wirkung und Nebenwirkungen nicht bekannt waren. Danach habe das Herz des Athleten gerast. Von einer weiteren Verwendung des Mittels sei dann abgesehen worden.

Verband fordert Aufklärung

Der Deutsche Eisschnelllauf-Verband (DESG) fordert Aufklärung über die mutmaßliche Beteiligung eines ihrer Aktiven in den Blutdoping-Skandal. "Dem medial erhobenen Verdacht gegen eine/n deutschen Eisschnellläufer/Eisschnellläuferin muss mit allen Mitteln nachgegangen werden", heißt es in der Mitteilung des Verbandes. Dieser betont aber auch: "Nach unserem Wissensstand war kein Athlet/-in unseres Verbandes mit dem beschuldigten Arzt in Kontakt." Aktuell lägen keine weitere Details vor. Zu diesem Zeitpunkt könne man keine weitere Stellungnahme abgeben und müsse die Ermittlungsergebnisse abwarten.

Kein Kommentar von Staatsanwaltschaft

Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft München äußerte sich am Montag nicht zu dem ARD-Bericht. "Über Sportler, Sportarten und Nationalitäten berichten wir nicht. Jetzt sammeln wir erst mal weiter", erklärt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die Nationale Anti-Doping-Agentur Deutschlands teilt mit, dass sie eng mit der Münchner Staatsanwaltschaft kooperiere, aber zum derzeitigen Zeitpunkt "den im ARD-Bericht genannten Fall weder bestätigen noch dementieren" könne. "Sollte es bei den Ermittlungen Hinweise auf mögliche Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen deutscher Athleten/innen und/oder Betreuer/innen geben, wird die NADA diesen auf sportrechtlicher Ebene nachgehen."

Beckert und Ihle: Kennen Sportmediziner nicht

Deutschlands beste Eisschnellläufer Patrick Beckert und Nico Ihle betonen, dass sie den mutmaßlichen Drahtzieher des Blutdoping-Netzwerkes nicht kennen. Beide bedauern aber vor allem, dass ihre Sportart unter Generalverdacht geraten sei.

"Das ist für all die Athleten unfair, die sauber für ihre Leistung kämpfen", so Ihle. Auch Beckert verlangt, an die sauberen Athleten zu denken und sie zu schützen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre dies schrecklich und sehr traurig für den Sport, sagte der 28-Jährige. "Diese Leute wird es immer wieder geben. Umso wichtiger ist es, diese Leute rauszufinden und zu benennen", erklärt der WM-Vierte über 10.000 Meter aus Erfurt.

Beckert befürwortete die Ermittlungen gegen den Sportmediziner Mark S. aus Erfurt. "Aber keine Sorge, ich habe damit nichts zu tun", schreibt der Langstrecken-Spezialist bei Facebook. Er selbst habe den Namen des als Hauptbeschuldigter geltenden Arztes nicht gekannt, betont Beckert. Der Sprint-WM-Siebte Ihle schreibt, er kenne Arzt, Verfahren und den verdächtigten Athleten nicht. (APA)

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