Drehzahl-Limits in der WSBK: Ducati gegen alle

14. März
Ducati

Die Ducati Panigale V4R dreht auch 2020 deutlich höher als die Superbikes der Konkurrenz

FIM-Technikdirektor Scott Smart spricht exklusiv über das Drehzahl-Limit und die Hintergründe: Welche Drehzahlen sind mit konventionellen Ventilfedern möglich?

In der letzten WSBK-Saison wirbelte Ducati kräftig Staub auf. Denn mit der Panigale V4R schickten die Italiener ein im Vergleich zur Konkurrenz radikal konstruiertes Superbike an den Start. Während die Motoren der anderen WSBK-Motorräder weniger als 15.000 Umdrehungen erreichten, legte Ducati mit 16.500 Umdrehungen beim Serien-Modell die Latte deutlich höher. Wie bewertet FIM-Technikdirektor Scott Smart dieses brisante Thema?

"In den letzten Jahren hatten wir ein 'grünes' Problem. Und haben dieses dann gegen ein 'rotes' Problem eingetauscht", scherzt Smart im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Schon vor dem Saisonstart hatte die FIM eine Frage zu klären: Mit welchem Ausgangs-Wert darf Ducati in die Saison starten?

Ducati-Motor: FIM legt Maximal-Drehzahl fest

Nach einigen Tests auf dem Prüfstand legte die FIM fest, dass der V4-Motor der Ducati maximal 16.350 Umdrehungen erreichen darf. Somit lag die Maximal-Drehzahl der Renn-Version unter der des Serien-Ablegers. Ein komplexer Prozess führte zum festgelegten Wert.

Da Alvaro Bautista zu Beginn der Saison 2019 klar dominierte, korrigierten die Verantwortlichen den Wert weiter nach unten. Nach drei Renn-Wochenenden durften die Ducati-Motoren nur noch 16.100 Umdrehungen erreichen.

Drehzahl-Anpassungen sorgen für Chancengleichheit

"Nach drei Rennen passten wir die Performance der Ducati leicht an. Es war keine große Änderung. Doch die anderen konnten dadurch ein wenig aufholen", blickt Smart zurück. Laut dem Briten ist die Anpassung der Drehzahl ein praktisches Hilfsmittel, um die Unterschiede zwischen den Herstellern auszugleichen.

"Es ist ein Werkzeug, um die verschiedenen Hersteller näher zusammenzubringen. Zudem hilft es den Privat-Teams. Es gab Zeiten, in denen die Werks-Bikes 600 oder 700 Umdrehungen höher drehten als die Motorräder der Kunden-Teams", erinnert Smart.

"Die Realität ist, dass man mit dem besten Fahrer und den meisten Tests das Beste aus seinem Paket herausholt. Die Fahrer machen im Motorrad-Sport noch immer sehr viel aus. Bei den Autos ist der Effekt des Fahrers deutlich geringer", betont der FIM-Technikdirektor.

Wie hoch kann ein Motor mit Ventilfedern drehen?

In der neuen Saison zog Honda nach und homologierte die bisher radikalste Fireblade der Geschichte. Mit 15.600 Umdrehungen übertrifft die RR-R die anderen Reihen-Vierzylinder-Bikes deutlich. Doch wie hoch kann ein 1.000er-Motor drehen, wenn er im Gegensatz zur Ducati auf konventionelle Ventilfedern setzt?

Smart sieht noch Luft nach oben: "Man kann mit konventionellen Ventilfedern höhere Drehzahlen erreichen, als die Hersteller im Moment verwenden. Wenn man eine richtig gute Ventilfeder verwendet und Titanventile benutzt, kann man 16.000 Umdrehungen erreichen."

"Erst ab Drehzahlen im Bereich 17.000 Umdrehungen benötigt man Technologien wie pneumatische Ventile, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Solche Drehzahlen bereiten konventionellen Ventilfedern Probleme. Die CRT-Bikes damals basierten auf Superbike-Motoren und erreichten etwa 16.000 Umdrehungen pro Minute", erklärt der Experte. "Die Ventilfedern sind also nicht die limitierenden Faktoren."

Exotische Technologien sind keine Voraussetzung

Ducati hat den Trumpf der desmodromischen Ventilsteuerung, die bei hohen Drehzahlen zuverlässiger arbeitet als klassische Ventilfedern. In der MotoGP setzen Honda, Yamaha & Co. auf pneumatische Ventilsteuerungen, die in der Superbike-WM aber nicht zum Einsatz kommen.

Doch bei den Drehzahlen in der WSBK sind solche exotischen Technologien ohnehin nicht notwendig, so Smart. "Die desmodromische Ventilsteuerung von Ducati ist nicht der Grund für die hohen Drehzahlen und Leistungen. Viel mehr hat Ducati beim Bau des Motors das Limit nach oben verschoben."

"Sie sind aber nicht meilenweit von den anderen Herstellern entfernt. Im Serientrimm erreicht die BMW beinahe die gleiche Leistung wie die Ducati. Die BMW dreht nicht so hoch, erreicht aber ähnliche Leistungen", vergleicht Smart. "Es ist interessant, wie gut der Serien-Motor der BMW ist. In der Superbike-WM starteten sie mit einem Superstock-Motor und modifizierten diesen im Laufe der Saison 2019."

Die Maximal-Drehzahlen in der WSBK 2020:

BMW S1000RR: 14.900
Ducati Panigale V4R: 16.100
Honda Fireblade: 15.600
Kawasaki ZX-10RR: 14.600
Yamaha R1: 14.950

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