Eriksen nach Kollaps weiter „stabil“: „Wichtigsten Kampf gewonnen“

13. Juni
Person, Human, Crowd

Foto: GEPA pictures/ Fodboldbilleder/ Anders Kjaerbye

Drama um Christian Eriksen: Dänemarks Mittelfeldstar kollabiert während des Spiels gegen Finnland, Notärzte retten sein Leben. Das Spiel wird danach fortgesetzt.

Auch nach dem Tag, an dem der Fußball einer seiner größten Tragödien entronnen war, befand sich ganz Dänemark noch im Schockzustand. Das Drama um Mittelfeldstar Christian Eriksen ließ niemanden kalt. Die Nationalmannschaft sagte alle Aktivitäten ab, die Fernsehsender des Landes kannten am Sonntag kein anderes Thema. Sogar das Königshaus zeigte sich tief betroffen.

"Das Wichtigste ist, dass es Christian Eriksen den Umständen entsprechend gut geht", schrieb das dänische Kronprinzenpaar Frederik und Mary bei Instagram und würdigte den Umgang mit der Situation. "Es war rührend, den fantastischen Teamgeist und die Unterstützung von Spielern und Fans zu sehen, nachdem wir alle einen großen Schrecken erlebt hatten."

Und dieser Schrecken wirkt nach, auch wenn es aus dem dänischen Lager, das von einem Kriseninterventions-Team betreut wird, am Sonntag erneut positive Nachrichten gab. Eriksen sei "stabil", teilte der nationale Verband DBU mit. Man habe am Morgen mit ihm sprechen können, er werde aber für weitere Untersuchungen im Rigshospitalet bleiben. Diese würden wohl einen Herzinfarkt bestätigen, sagte der behandelnde Kardiologe Jesper Kjärgaard dem Sender TV2. Betonte aber: "Ich denke, er wird auf jeden Fall wieder auf die Beine kommen."  

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Eriksen: Dänemarks Mannschaftsarzt über die dramatischen Szenen 

Quälende und schier endlose 50 Minuten lang herrschte am Samstag die große Ungewissheit, nachdem Eriksen im Spiel gegen Finnland (0:1) kurz vor der Pause kollabiert war. Rettungskräfte waren danach schnell bei ihm. "Er lag auf der Seite, atmete und hatte auch Puls. Aber plötzlich änderte sich das, und wir haben mit der Herzmassage begonnen. Wir haben es geschafft, ihn zurückzuholen", schilderte Dänemarks Mannschaftsarzt Martin Boesen sichtlich mitgenommen die dramatischen Szenen.   

Spieler und Zuschauer hielten sich im Parken-Stadion entsetzt die Hände vors Gesicht - die Schockwelle erfasste ganz Europa. Eriksens Freundin kämpfte sich auf das Feld. Die Dänen stellten sich auf Anweisung ihres Kapitäns Simon Kjaer im Kreis um Eriksen und die Notärzte auf, um einen Sichtschutz zu bilden. Die Finnen verließen mit Tränen in den Augen den Platz. 

Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand sank betend in die Knie. "Ich bin etwas emotional. Es macht etwas mit einem, wenn ein Freund leidet. Es ist eine harte Nacht", schluchzte der 49-Jährige mit Tränen in den Augen nach dem Spiel. Dieses war trotz der dramatischen Ereignisse "auf Wunsch" beider Teams zu Ende gespielt worden. Dabei habe es "keinen Druck" von der UEFA gegeben, betonte Hjulmand. 

Kritik wegen Spiel-Fortsetzung

Die Alternative wäre eine Fortsetzung des Spiels am Sonntag um 12:00 Uhr gewesen. Doch das sei nicht infrage gekommen, berichtete Hjulmand. "Die Spieler konnten sich nicht vorstellen, schlafen zu können und dann Sonntagmorgen zum Spiel in den Bus zu steigen. Es war besser, es gleich hinter uns zu bringen", erklärte der ehemalige Mainz-Coach. Doch für diese Entscheidung geriet die UEFA ins Kreuzfeuer der Kritik. 

Die Spieler wurden "vor eine Wahl gestellt, die keine echte Wahl ist", kritisierte die dänische Fußballikone Michael Laudrup. Auch Christoph Kramer schlug in die gleich Kerbe: "Das ist für mich der absolute Wahnsinn, das geht nicht. Da liegt der Fehler meiner Meinung nach bei der UEFA. Da muss irgendjemand sagen: 'Leute, jetzt schlaft mal eine Nacht drüber'", sagte der Weltmeister von 2014.

Die UEFA verteidigte sich mit Verweis auf die Regularien. "Wenn ein Spiel nicht beginnen oder zu Ende gespielt werden kann, wird das komplette Spiel oder die verbleibende Spielzeit nach den Regularien am kommenden Tag ausgetragen", zitierte der Dachverband aus Regel 29.

Ergebnis war Nebensache: "Eriksen hat den einzig wichtigen Kampf gewonnen"

Allerdings war es nur eine Nebensache, dass das Spiel fortgesetzt wurde, dass Joel Pohjanpalo (60.) für die Finnen traf und dass Pierre-Emile Hojberg mit einem Foulelfmeter an Lukas Hradecky scheiterte (74.). Von Bedeutung war etwas anderes. "Eriksen hat den einzig wichtigen Kampf gewonnen", titelte etwa das dänische Boulevardblatt B.T.

"Die beste Nachricht des Tages ist, dass es ihm gut geht. Das ist das Einzige, das mir etwas bedeutet", sagte der sichtlich bewegte Pohjanpalo. "Ich hatte eine Frau auf der Tribüne und ein Kind zu Hause, also ... ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin einfach so froh, dass es ihm gut geht. Und ich hoffe, er erholt sich vollständig."

Auch die finnische Presse nahm Anteil: "Zwei kleine Kinder waren nah daran, ihren Vater zu verlieren", schrieb die Tageszeitung Hufvudstadsbladet. Und ergänzte: "Dass der Fußball und andere Dinge eigentlich ziemlich bedeutungslos sind, wenn es um Leben und Tod geht, wurde selten so deutlich."

Kardiologe: Eriksen "kommt wieder auf die Beine"

Der Kardiologe Jesper Kjärgaard ist zuversichtlich, dass der dänische Fußballstar Christian Eriksen nach seinem Zusammenbruch im EM-Spiel am Samstag gegen Finnland (0:1) wieder vollständig gesund wird. "Ich denke, er wird auf jeden Fall wieder auf die Beine kommen. Wenn es ein Herzinfarkt war, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass er bereits bei Bewusstsein ist", sagte der Mediziner, der den Profi von Inter Mailand im  Kopenhagener Rigshospitalet behandelt, dem dänischen Sender TV2.

"Wir untersuchen, ob ein Herzstillstand zu seiner Bewusstlosigkeit geführt hat", erklärte der Arzt. "Das Bild, das wir jetzt haben, stimmt damit überein. Es werden noch weitere Untersuchungen durchgeführt, Eriksen wird noch einige Tage im Krankenhaus bleiben müssen.

Herzinfarkte seien bei Personen im Alter des 29-jährigen Eriksen selten, obwohl sie manchmal bei Spitzensportlern vorkommen. "Es gibt Sportler, die Blutgerinnsel im Herzen bekommen oder Herzrhythmusstörungen haben. Dies ist schwer zu erkennen, kann aber durch anstrengendes Training verursacht werden", sagte der Mediziner. "Wenn ein Blutgerinnsel im Herzen vorhanden ist, wird es normalerweise von Brustschmerzen und anderen Anzeichen begleitet. Bei Herzrhythmusstörungen gibt es keine Warnzeichen und die Person wird sofort bewusstlos." (SID/red.)

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