Felix Gottwald: „Gepflegter Haarschnitt wichtiger als Bezug zum Körper“

16. März
Audience, Crowd, Person

Foto: (C) ServusTV-Leo Neumayr

Seit einem Jahr hält Corona den Sport in Atem. Bei Sport & Talk sprechen Hans Niessl, Felix Gottwald, Alex Antonitsch, Marcel Reif und Toni Giger über die verheerenden Auswirkungen auf den Sport. Letzterer bilanziert zudem die ÖSV-Medaillenflut.

Österreichs Rekordolympionike Felix Gottwald setzt sich für den Aufbau einer Bewegungskultur im Land ein und fordert wie Sport-Austria-Präsident Hans Niessl und ServusTV-Tennisexperte Alex Antonitsch weitreichendere Öffnungsschritte für den Sport. ÖSV-Sportdirektor Toni Giger attestiert den Betreuern einen großen Anteil an den ÖSV-Erfolgen und winkt bei der Nachfolge von Präsident Peter Schröcksnadel ab. Die wichtigsten Aussagen von „Sport und Talk aus dem Hangar-7“:

Sportpolitik - 1 Jahr Corona

„Es ist ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Wir wissen gerade von der Kinderpsychiatrie, dass es gesundheitliche, physische und psychische Schäden gibt. Deshalb ist es ein Gebot der Stunde, dass der Sport wieder öffnet und viele weitere Schritte folgen müssen.“
Hans Niessl über die teilweise erfolgte Öffnung für den Nachwuchs.

„Ich bin sprachlos, wo wir mit dem Sport seit einem Jahr stehen. Wenn man sich zurückerinnert, welche Unsinnigkeiten vor einem Jahr passiert sind, als Skitourengeher im Freien mit einem Hubschrauber verfolgt wurden, dann werden wir uns in einem Jahr wieder fragen, über was wir heute geredet haben. Wir wissen, dass Sport ein Teil der Lösung ist.“
Felix Gottwald kann den Sport-Lockdown noch immer nicht fassen.

„Unten ist alles stillgestanden. Die Verantwortlichen wissen, dass Inaktivität 2,5 Milliarden im Jahr kostet. Wenn sich zehn Prozent mehr Leute bewegen, würde es 440 Millionen allein an Gesundheitskosten bringen. Aber es macht keiner was. Und das zipft mörderisch an.“
Alexander Antonitsch macht sich Sorgen um den sportlichen Unterbau.

„Wir leben in einem Land, in dem ein gepflegter Haarschnitt wichtiger ist als ein gesunder Bezug zum eigenen Körper. Das verstehe ich nicht. Mit einem ungepflegten Haarschnitt sterben wir nicht. Ohne Bezug zum Körper verursachen wir nur Kosten und eine bescheidene Lebensqualität.“
Felix Gottwald über die Prioritäten der Österreicher.

„Warum soll Österreich in Europa keine Benchmark in Sachen Bewegungskultur setzen? Wieso fokussieren wir momentan so auf Unterlassungen? Mit Unterlassen schafft man gar nichts.“
Felix Gottwald fordert ein Umdenken bei der Politik.

„Es gibt sehr viele Analysen und Konzepte. Davon brauchen wir nicht mehr. Man muss vom Reden ins Tun kommen. Das wird nicht gemacht.“
Hans Niessl ortet Versäumnisse bei der Politik.

„Ich habe den Eindruck, dass der Sportminister durchaus den Sport versteht, unsere Vorschläge aber nicht umgesetzt werden. Wir müssen viel stärker das Gesundheitsministerium überzeugen, dass der Sport ein ganz wesentlicher Teil für die Gesundheit des Menschen ist.“
Hans Niessl über die größte behördliche Hürde bei der Öffnung des Sports.

„Es ist alternativlos, dass wir unten beginnen. Wenn sich nur vier von zehn Erwachsenen bewegen, haben wir auch die Eltern nicht. So beinhart es klingt, aber wir müssen teilweise die Kinder vor den Eltern beschützen. Wir müssen im Kindergarten und in Volksschulen mit Experten beginnen. Das ist der Last Call.“
Alexander Antonitsch macht viele Eltern als Verhinderer von Bewegung aus.

„Man darf die mentale Gesundheit nicht außer Acht lassen. Corona hat Probleme multipliziert und sichtbar gemacht. Ich habe mit 58 Jahren einen hohen Blutdruck und mein Arzt verschreibt mir Medikamente. Normalerweise müsste es Bewegung auf Krankenschein geben.“
Toni Giger wünscht sich im Gesundheitswesen mehr Problembewusstsein.

„Wir können eifersüchtig sein, dass wir zum Frisör gehen und mit dem Föhn die Viren umherblasen dürfen, aber ins Fitnessstudio darf man seit einem Jahr nicht mehr gehen. Wir haben als Nation einen Muskelschwund, der sich gewaschen hat. Was mit den Fitnessstudios passiert, ist Rufschädigung. Aber die mucken ja nicht wirklich auf.“
Felix Gottwald setzt sich für die Betreiber von Fitnessstudios ein.

„Was spricht dagegen, dass man sich in der Mittagspause bewegt, statt auf einen Schweinsbraten zu gehen? Was spricht dagegen, dass man Sitzungen im Gehen macht. Jetzt darf man eh nur mit der Maske drinnen sitzen. Wir müssen neu denken lernen.“
Felix Gottwald über einfache Mitteln zur Bewegung im Alltag.

ÖSV: Gründe für die Medaillenflut

„Die Saison hat holprig begonnen. Wir haben den Umstieg von der Trainings- in die Wettkampfphase nicht so gut gemeistert, wie wir es uns vorgestellt haben. Die Mannschaften haben sich aber gesteigert und zu den Großereignissen hin fantastisch geliefert.“
Toni Giger über die vielen ÖSV-Medaillen bei den Titelkämpfen in allen Sparten.

„Wir sind als Betreuer nicht überrascht, wenn unsere Athleten gewinnen. Darauf trainieren wir hin. Wir sind eher enttäuscht, wenn etwas nicht funktioniert. Dass wir gerade bei den Großereignissen so in Form sind, war eine besondere Leistung unserer sportlichen Leiter.“
Toni Giger über den Anteil des Betreuerstabs an der Medaillenflut.

„In allen Sparten haben wir zwei Themen: Das eine ist die Reibung auf Schnee und Eis, d.h. die Ski müssen schnell sein. Das zweite Thema ist die Aerodynamik. Wir müssen schnelle Anzüge haben und an der Position arbeiten. Diese Projekte haben mitgeholfen, dass wir bei allen Weltmeisterschaften so erfolgreich waren.“
Toni Giger über die von ihm gegründete Abteilung für Forschung und Entwicklung.

„Wir müssen schauen, dass wir weniger Verletzte haben und in der Kerndisziplin Riesentorlauf eine Stärke aufbauen. Dann werden wir die Schweizer wieder putzen. Wir haben uns heuer sicher gesteigert, aber nicht genug.“
Toni Giger über die Problemzonen im Rennen um den Nationencup.

„Es ist für mich momentan überhaupt kein Thema. Ich habe eine Aufgabe als Sportdirektor übernommen, die recht fordernd ist.“
Toni Giger will sich nicht um das Amt des ÖSV-Präsidenten bemühen.

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