„Meilenweit weg“: Tom Lüthi vergleicht die neue Triumph-Moto2 mit der MotoGP

24. Juni
LAT

Seit 2019 fährt die Moto2 mit Einheitsmotoren von Triumph

Routinier Tom Lüthi und Kalex-Designer Alex Baumgärtel beleuchten die neue Triumph-Moto2: Ist die mittlere Klasse tatsächlich näher an die MotoGP herangerückt?

Mit der Umstellung auf die Dreizylinder-Motoren von Triumph und der Einführung der Elektronik von Magneti Marelli startete die Moto2-Klasse 2019 in eine neue Ära. Mit stärkeren Motoren, die mehr Drehmoment haben, sollte die mittlere Klasse etwas näher an die MotoGP herangeführt werden. Doch ist das tatsächlich der Fall? Tom Lüthi kannte die Honda-Ära der Moto2 viele Jahre lang. 2018 war der Schweizer in der MotoGP und aktuell zählt er in der Triumph-Moto2 wieder zu den Topfahrern.

Lüthi ist somit der beste Ansprechpartner, um einen Vergleich anzustellen. Ist die Moto2 tatsächlich der MotoGP nähergekommen? "Ja, ein ganz klein wenig. Davon haben alle gesprochen", sagt der Schweizer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' und fügt hinzu: "Aber nein, da sind wir immer noch meilenweit weg. Aber mit mehr Elektronik und mit mehr Drehmoment geht es in diese Richtung. Die MotoGP ist aber noch weit weg."

Der Triumph-Motor mit 765 Kubikzentimetern Hubraum leistet rund 140 PS, während die MotoGP-Motoren rund 280 PS oder mehr haben. Bei der Elektronik verwendet Magneti Marelli eine abgespeckte Version der MotoGP-Variante. Die Hardware ist im Prinzip gleich, aber die Software-Möglichkeiten sind bewusst eingeschränkt, um es für die Moto2-Teams nicht zu kompliziert und zu teuer zu machen. Die Teams können aus vorgegebenen Mappings auswählen.

"Kastrierte" MotoGP-Elektronik von Magneti Marelli

"Ich habe nicht so viel Einblick in die MotoGP, aber die Elektronik ist eine relativ kastrierte Variante", sagt Kalex-Designer Alex Baumgärtel im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Bestimmt war es am Anfang der Saison durch das höhere Drehmoment für alle Fahrer gefühlt Richtung MotoGP. Bei der Leistungsentfaltung und der Beschleunigung haben sie ein wenig mit Wheelies kämpfen müssen. Aber da hat sich jetzt jeder dran gewöhnt."

Diesen Eindruck bestätigt auch Lüthi: "Als wir im November das erste Mal mit diesen Motorrädern gefahren sind, gab es ziemlich viele Highsider. Da hatte ich auch so meine Bedenken, denn die Gasannahme war recht aggressiv und schwer zu kontrollieren. Da war die Traktionskontrolle schon ein Thema, aber alle haben auf die Bremse gedrückt, denn sie wollen möglichst den Moto2-Charakter behalten."

Es gibt beispielsweise keine Traktionskontrolle und keine Anti-Wheelie-Kontrolle. "Die Klasse ist spannend und das Motorrad ist schön zu fahren, aber es wäre cool, wenn wir etwas mehr Freiheiten hätten - speziell was die Abstimmung der Elektronik betrifft", sagt Lüthi. "Da hätte ich gerne mehr Freiraum." Es ist in Zukunft möglich, dass weitere Parameter freigegeben werden könnten. Genaue Pläne oder Zeitpunkte sind derzeit dafür aber nicht festgelegt.

Weiterhin viele Einheitsbereiche in der Moto2

"Ich als Fahrer mit viel Erfahrung hätte natürlich gerne ein, zwei Parameter mehr, wo ich etwas ausspielen könnte", wünscht sich Lüthi für die Zukunft. "Vielleicht passiert etwas in ein paar Jahren, vielleicht auch nicht. Die Moto2 ist eine gute und spannende Klasse. Das ist glaube ich das, was zählt." Trotz der umfassenden technischen Änderungen, die für komplett neue Motorräder gesorgt haben, sind die Rennen vom Charakter her der Honda-Ära immer noch sehr ähnlich.

"Es ist weiterhin eine Klasse mit vielen Einheitsbereichen", nennt Baumgärtel den Grund dafür. "Und somit hat man nicht viel Einfluss. Wir sehen weiterhin enge Rennen. Man hat etwas mehr Unterschied gesehen, als wir noch den alten Reifen hatten. Da waren wir etwas schneller." Seit Jerez verwendet Dunlop einen neuen, etwas größeren Hinterreifen. Alle Teams mussten mit ihren Set-ups darauf reagieren.

"Dieser neue Reifen hat das Thema wieder etwas durcheinander gewirbelt", meint Baumgärtel zu dieser Umstellung während der Saison. "Es hat praktisch zu einem neuen Motorrad geführt. Wer das als Fahrer als schnellster kapiert, kann mit seinem Team am schnellsten arbeiten. Somit erwarte ich für die nächsten Rennen, dass das ganze wieder etwas ausgeglichener wird. Die schnellen Jungs bleiben natürlich die schnellen Jungs."

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