Nach Todesnachricht: MotoGP-Fahrer hinterfragen Rennstart

31. Mai
GP-Fever.de

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Das MotoGP-Lager ist geteilter Meinung, was das Rennen nach dem tragischen Tod von Jason Dupasquier angeht.

Anschließend wurde das Moto2-Rennen gestartet. Die meisten Fahrer erfuhren erst nach ihrem Rennen von der tragischen Nachricht. 15 Minuten vor dem Start des MotoGP-Rennens gab es in der Startaufstellung eine Schweigeminute mit dem PrüstelGP-Team für Dupasquier.

Anschließend wurde das Rennen der Königsklasse plangemäß gestartet. „Die Frage ist, warum wir Rennen fahren", seufzt Valentino Rossi. „Es hätte auch viel Sinn gemacht, nicht zu fahren. Aber was wir heute gemacht haben, hat leider nichts daran geändert, was gestern mit Jason passiert ist."

„Ich habe schon gestern am Abend erfahren, dass Jasons Situation sehr, sehr schlecht und hoffnungslos war. Das ist eine Sache, aber eine andere Sache ist es, wenn man erfährt, dass es vorbei ist. Ich glaube, das ist auch für die jungen Fahrer sehr schwierig."

Hätten die Rennen stattgefunden, wenn es ein MotoGP-Fahrer gewesen wäre?

Deutliche Worte findet Rossis italienischer Landsmann Danilo Petrucci: „Ich habe mich schmutzig gefühlt. Wir fahren auf der gleichen Strecke, wo jemand von uns gestorben ist. Das ist meiner Meinung nach nicht richtig."

„Wir haben gestern verstanden, dass die Situation sehr schwierig ist. Niemand wollte die Wahrheit sagen. Ich frage mich, ob wir weitergemacht hätten, wenn es einen MotoGP-Fahrer betroffen hätte. Ist ein Moto3-Fahrer weniger wert? Das glaube ich nicht."

Die gleiche Meinung vertritt auch Francesco Bagnaia: „Das war einer der schlimmsten Tage meines Lebens. Es war meiner Meinung nach nicht korrekt, das Rennen zu fahren. Wir haben einen 19-jährigen Fahrer verloren. Das ist schwierig zu akzeptieren."

„Und es ist schwierig zu akzeptieren, dass jemand entschieden hat, dass wir gefahren sind. Ich denke, wir wären nicht gefahren, wenn es ein MotoGP-Fahrer gewesen wäre", sagt der Ducati-Fahrer, der das Rennen nach dem Start anführte, aber schon in der zweiten Runde stürzte.

Schon am Samstag hätten Qualifyings gestoppt werden müssen

Einige Fahrer sind der Meinung, dass die Situation am Samstag schwieriger war als am Sonntag, denn nachdem Dupasquier mehr als eine halbe Stunde lang an der Strecke behandelt worden war, fanden noch das Qualifying der MotoGP und der Moto2 statt.

„Nachdem der Helikopter abgehoben hat, sind wir auf die Strecke gefahren, so als wenn nichts passiert wäre", ärgert sich Petrucci. „In der Lederkombi und unter dem Helm steckt in erster Linie ein Mensch und erst dann ein Fahrer."

„Nach drei Minuten fährt man an der Stelle vorbei, wo ein Fahrer gestorben ist. Wir sprechen über Sicherheit, aber dort wurde die weiße Flagge mit rotem Kreuz geschwenkt, weil noch Flüssigkeiten auf dem Asphalt hätten sein könnten."

„Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn man einen Moment darüber nachgedacht hätte", findet Petrucci. „Man hätte zumindest Gedanken austauschen können. Niemand hat ein Meeting verlangt, um darüber zu sprechen, ob es für seine Familie und Freunde richtig wäre, weiterzufahren."

Nur zwei Fahrer verzichteten auf den Rennstart

„Niemand hat uns gefragt. Wir sind aber nicht in der Position, um zu fordern, dass man wenigstens einen Tag pausiert. Ich habe mich schmutzig gefühlt." Nur zwei Fahrer nahmen aus Respekt nicht an den Rennen teil. Das war Dupasquiers Teamkollege Ryusei Yamanaka sowie Tom Lüthi.

Der Rest startete. Hätten vor allem die Stars der Königsklasse das Rennen boykottieren sollen? „Nachdem wir diese Todesnachricht erhalten hatten, habe ich zu Davide Tardozzi gesagt, dass ich nicht fahren möchte", sagt Bagnaia.

„Aber das ist unsere Arbeit und wir müssen das tun. Es war sehr, sehr schwierig. Als wir 2016 Luis Salom verloren haben, war ich in der gleichen Situation." Vor allem nach der Schweigeminute war es für die Fahrer schwierig, die Konzentration zu finden.

„In solchen Situationen muss man etwas egoistisch sein, denn sonst setzt man den Helm nicht auf", findet Weltmeister Joan Mir. „Das ist eine sehr schwierige Situation. Wir können nur unseren Job machen." Denn einige Fahrer fanden es sehr wohl richtig, dass die Rennen gefahren wurden.

Einige Fahrer waren für den Rennstart

„Es tut mir sehr leid für seine Familie, aber wir müssen trotzdem weitermachen, denn das ist das größte Tribut, das wir ihm zollen können", meint Miguel Oliveira, der Zweiter wurde. „Ich glaube, heute sind alle mit viel gegenseitigem Respekt ins Rennen gegangen."

„Man kann von diesem Wochenende lernen, dass wir respektvoller miteinander umgehen müssen und die Limits beim Racing beachten. Wir sind alle gemeinsam auf der Strecke. Wenn in der Gruppe gefahren wird und es schnelle, blinde Kurven gibt, dann kann man solche Situationen kaum verhindern."

Rennsieger Fabio Quartararo findet es richtig, dass vor dem Rennstart eine Schweigeminute abgehalten wird. Denn „das ist Respekt für sein Team, für seine Familie und für Jason. Für uns ist es ein sehr schwieriger Moment. Trotzdem müssen wir das tun."

„Es gibt keine Vorbereitung. Man fährt einfach los und versucht zu vergessen. Wenn man durch Kurve 9 fährt, dann hat man das natürlich im Kopf. Man hat aber auch eine Mission und will gewinnen. Wenn man mit Vorsprung führt, hat man aber viel Zeit zum Nachdenken."

Blick zurück: Die "Show" wurde immer fortgesetzt

In den vergangenen 20 Jahren wurde mit einer Ausnahme "die Show" immer fortgesetzt, wenn es einen tödlichen Unfall gegeben hat. Nach dem Sturz von Daijiro Kato in Suzuka 2003 wurde das MotoGP-Rennen nicht einmal unterbrochen, um bestmöglich Erste Hilfe zu leisten.

Auch das Moto2-Rennen in Misano 2010 wurde nach Shoya Tomizawas Unfall nicht unterbrochen. Anschließend wurde das MotoGP-Rennen gestartet, obwohl im Fahrerlager schon bekannt war, dass die Situation des Japaners sehr kritisch war.

Lediglich in Sepang 2011 wurde das MotoGP-Rennen nach dem Unfall von Marco Simoncelli nicht neugestartet. In Barcelona 2016 verunglückte Luis Salom im Freitagstraining. Am Samstag und Sonntag wurde normal weitergefahren, aber mit der Schikane im letzten Sektor der Strecke.

„Dieses Wochenende war eine einzige Tragödie", sagt Jack Miller. „Ein junges, großartiges Leben ist verloren. Er ist viel zu früh von uns gegangen. Man kann nur sagen, dass er bei dem gestorben ist, was er am meisten geliebt hat. Wir lieben unseren Sport und machen alles dafür."

„Ich habe mich seit Samstag scheiße gefühlt, nicht falsch verstehen. Trotzdem habe ich das Gefühl gehabt, das Rennen zu fahren. Jason war in seinem Herz ein Racer und ich bin mir sicher, dass er gewollt hätte, dass die Rennen stattfinden. Wir lieben das. Wir wissen, dass es gefährlich ist."

Laut Miller wurde niemand gezwungen zu fahren: „Niemand hält einem eine Waffe an den Kopf. Wenn man fahren will, dann fährt man. Dass sie es uns ermöglicht haben, das fortzusetzen, was wir am meisten lieben, ist gewaltig."

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