Nebel über MotoGP-Rookies an der Weltspitze: „Das kann nicht sein“

4. Sept.
Ducati

Foto: (C) Ducati

ServusTV-Experte Stefan Nebel über Veränderungen in der MotoGP und den schnellen wie ungewöhnlichen Aufstieg der Rookies in der Königsklasse.

Spannende Rennen, extrem geringe Abstände zwischen den Fahrern und zahlreiche Überraschungen prägen die MotoGP-Saison 2020. Die Königsklasse des Motorradsports sorgt für spannenden Rennsport und gute Unterhaltung. Auch ServusTV-Experte Stefan Nebel freut sich über die Abwechslung in der MotoGP, doch die technische Entwicklung stimmt den Ex-Racer nachdenklich.

"Die MotoGP ist schon anders, als sie einmal war", stellt Nebel im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' fest. Die aktuellen MotoGP-Bikes stellen die Fahrer vor zu wenig Herausforderungen, meint der mehrfache IDM-Meister.

"Ich finde die Superbike-WM von den eigentlichen Rennen, der Action und dem Kneten der Motorräder und von dem, was da passiert, und auch den Varianten, die gewählt werden können, sehr spannend", stellt Nebel fest. "Die MotoGP ist vom Basispaket, der Elektronik und der Aerodynamik, eine höhere Stufe. Die Frage ist: Wie weit will man noch gehen?"

Rookies gewöhnen sich ungewöhnlich schnell an die MotoGP

Die Zeiten der rohen 990er-MotoGP-Bikes der ersten Generation sind lange vorbei. In der aktuellen MotoGP entscheidet oftmals auch das Elektronikpaket über Erfolg und Misserfolg, kritisiert Nebel. "Aus meiner Sicht ist es verwunderlich, dass ein Rookie trotz seines erstaunlichen Talents sofort in der Weltspitze mitmischen kann", wundert sich Nebel über die Erfolge des 21-jährigen Franzosen.

"Das kann nicht sein", betont Nebel. "Ein MotoGP-Motorrad sollte eine gewisse Erfahrung verlangen. Deswegen sollte auch eine gewisse Zeit nötig sein, bis erfahrene Fahrer besiegt werden können. Wenn das deutlich schneller geht, dann muss er Helferlein haben. Und das ist die Elektronik."

"In Kombination mit dem Fahrstil, seinem Hunger, mit dem Willen und dem unfassbaren Talent eines Quartararo kann das schon erfolgreich sein. Aber dass das so schnell geht und andere Fahrer, die älter sind das nicht können, wundert mich", grübelt der ServusTV-Experte.

Ist das richtige Popometer nicht mehr so gefragt wie früher?

"Viele Fähigkeiten, die früher gefragt waren, haben sich heute verlagert. Es ist eine weitere Stufe für das Verständnis der Elektronik gefragt. Es kommt mir so vor, als ob man heute auch sein Popometer auf die Elektronik einstellen muss, um bei 270 PS das Limit des mechanischen Grips zu finden", wundert sich Nebel.

"Entscheidend sind die Regelung des Motorrads und dessen Charakter. Das ist ein großer Punkt. Die Yamaha ist auf Grund ihres ausgewogenen Pakets eines der besten Rookie-Bikes der MotoGP. Das Motorrad kommt der Moto2-Maschine am nächsten. Das konnte man in den vergangenen Jahren mehrfach sehen, egal ob bei Tech 3 oder bei Petronas", so der 39-jährige Experte.

Die ältere Fahrergeneration hatte zuletzt einige Schwierigkeiten, um mit den Aufsteigern mitzuhalten. "Die älteren Fahrer wurden böser dafür bestraft, am Limit zu fahren. Die Risikobereitschaft ist durch die Sicherheit gestiegen. Die Sicherheit ist extrem hoch geworden zu dem, wie sie einmal war. Deshalb haben die jungen Fahrer eine andere Wahrnehmung. Sie gehen unvoreingenommener an die Sache heran und haben weniger Respekt", begründet Nebel.

"Normalerweise sollte ein erfahrener Pilot ganz anders fahren als ein junges Talent, das sich von 130 auf 270 PS umstellt und sich theoretisch in die Hose macht", grübelt Nebel und staunt über die schnelle Anpassung von Fabio Quartararo: "Es wundert mich, aber ich gönne es ihm total."

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