Pol Espargaro und Ducati streiten nach Kollision mit Zarco um Schuldfrage

10. Aug.
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Foto: Motorsport Images

Beim MotoGP-Rennen in Brünn kam es zwischen Johann Zarco und Pol Espargaro zum Kontakt, in dessen Folge der KTM-Pilot stürzte. Er beschuldigt Zarco, Ducati wütet.

Bereits am Samstag hatte Johann Zarco, Ex-Kollege von Pol Espargaro bei KTM, mit seiner Pole-Position in Brünn für eine Überraschung gesorgt. Im Rennen toppte der Franzose das noch und fuhr als Dritter aufs Podium. Für sein Team Avintia-Ducati war es der erste Podestplatz in der MotoGP überhaupt. Zarco stand das erste Mal seit Motegi 2018 auf dem Treppchen.

Damals pilotierte der 30-Jährige noch eine Yamaha im Tech-3-Team. Nach einer erfolglosen Saison mit KTM meldete er sich nun eindrucksvoll auf dem Podest zurück. Und das mit einem Motorrad, das er zum dritten Mal in einem Rennen fuhr.

Doch in Brünn kam Zarco mit der Ducati des Vorjahres im Vergleich zu seinen Markenkollegen mit Abstand am besten zurecht. Dass es im Rennen dann aber tatsächlich für Rang drei reichen würde, damit hatte der Franzose nicht gerechnet: "Ich bin überrascht." Am Start verlor er zunächst einige Positionen, das war anders geplant.

Zarco hadert mit seiner Startphase in Brünn

"Ich wollte den Grand Prix von der Pole-Position aus eigentlich vorne beginnen, um das Rennen vielleicht anzuführen oder Zweiter zu sein", verrät Zarco. "Aber ich habe den Start vermasselt und mich damit in eine schwierige Situation gebracht."

"Als Franco (Morbidelli; Anm. d. R.) wegfuhr, hatte ich das Gefühl, dass ich dieses Tempo mitgehen könnte, aber im Kampf mit den anderen war ich dazu nicht in der Lage. Es war also ein bisschen kompliziert." Mit jeder Runde konnte der Avintia-Pilot dann aber einen Platz gutmachen, im dritten Umlauf lag er an vierter Stelle.

Zwar verlor Zarco kurz darauf im Kampf mit Ex-KTM-Teamkollege Pol Espargaro wieder eine Position, ließ sich jedoch nicht abschütteln. "Nach ein paar Runden unterliefen ihm einige Fehler," schildert Zarco. "Er kam von der Linie ab, also versuchte ich es in Kurve 1 und hielt die Innenbahn, um an ihm vorbeizugehen."

Pol Espargaro sieht Schuld klar bei Zarco

Allerdings fuhr in dem Moment auch Espargaro zurück auf die Ideallinie und es kam zum Kontakt. "Ich dachte, er würde mich sehen, aber das war wohl nicht der Fall", bekundet Zarco. "Als wir uns berührten, war ich mir nicht sicher, ob er stürzte. Aber danach konnte ich ihn nicht mehr hören." Tatsächlich landete Pol Espargaro im Kiesbett.

Für den KTM-Piloten war das Rennen damit nach neun Runden vorbei. Die Schuld dafür gab der Spanier Zarco: "Ich bin wirklich enttäuscht, weil ich glaube, dass ich es heute hätte schaffen können. Aber jemand hat uns die Chance darauf genommen."

Nachdem der KTM-Pilot sich bereits am Samstag im Qualifying um einen Startplatz in der ersten Reihe betrogen fühlte, sah er sich auch dieses Mal als Opfer. "Er hätte den Kontakt vermeiden können, aber das wollte er nicht", beschuldigt Pol Espargaro Zarco direkt. "Er drehte das Gas auf und drängte mich von der Linie."

Pol Espargaro poltert: "Strafe von Zarco ist ein Witz"

Die Rennleitung untersuchte den Vorfall und verhängte eine Long Lap Penalty für Zarco, doch Pol Espargaro ist das zu wenig: "Die Long Lap Penalty ist auf dieser Strecke ein Witz. Er hat es sogar noch aufs Podium geschafft, und das indem er mir die Chance genommen hat. Ich lag vor ihm, er wäre also sonst nicht auf dem Podium."

Zarco bewertet die Situation freilich etwas anders. Der Avintia-Pilot gibt zwar zu, sich nach dem Vorfall Sorgen um ein Strafe gemacht zu haben, "weil ich die Regeln kenne und weiß, was in solchen Situationen passieren kann". Aber er betont auch, dass solche Manöver nun einmal zum Rennsport dazu gehören.

"Du stichst innen rein, weil der andere die Ideallinie verlässt, und du versuchst, ihn zu überholen. Manchmal kommt es dann zum Kontakt, aber wir fahren eben auch Rennen und sind nicht zum Tanzen hier", sagt Zarco und bekommt dafür Rückendeckung.

Casey Stoner und Ducati verteidigen Zarco

So ergriff etwa Ex-MotoGP-Pilot Casey Stoner auf Twitter Partei für ihn und bezeichnete die Entscheidung der Rennkommissare als "erbärmlich" und "schrecklich". Auch bei Ducati war der Ärger über die verhängte Long Lap Penalty groß.

"Es war unserer Meinung nach eine völlig falsche Entscheidung der Rennleitung", schimpft etwa Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti. "Pol Espargaro machte einen Fehler. Er wusste, dass Zarco direkt hinter war, machte einen Fehler und kam von der Ideallinie. Zarco ging nach innen und fuhr seine ganz normale Linie."

Die Schuld für den Kontakt sieht Ciabatti folglich beim Spanier: "Wenn ein Fahrer weit geht und wieder auf die normale Linie zurückkehrt, sollte er sich vergewissern, dass er nicht allein auf der Strecke ist. Espargaro wusste, dass Zarco da ist, denn er hat die Boxentafel mit Sicherheit gesehen. Wir sehen also keinen Fehler bei Zarco."

Ducati: Ohne Strafe wäre es Platz zwei

Aus Sicht von Ducati hätte nicht er, sondern Pol Espargaro bestraft werden sollen. In der Box diskutierte man deshalb auch mit einem der Verantwortlichen, es blieb jedoch bei der Strafe. Ciabatti sieht Zarco dadurch eines noch besseren Ergebnisses beraubt.

"Er fuhr ein fantastisches Rennen und wäre (ohne die Strafe) als Zweiter ins Ziel gekommen", ist er sich sicher. "Glücklicherweise gelang es ihm, einen dritten Platz vor Alex Rins zu retten und auf dem Podium zu stehen, was voll und ganz verdient ist. Aber das richtige Ergebnis hätte ein zweiter Platz sein müssen, deshalb sind wir sehr verärgert."

Zarco selbst sah die Entscheidung der Rennleitung im Nachhinein gelassen: "Für diese Situation die Long Lap Penalty zu bekommen, war sicher besser, als eine Position abgeben zu müssen oder eine Durchfahrtsstrafe zu erhalten", hält der Franzose fest und betont: "Ich habe dieses Podium verdient und mir tut es leid für Pol."

Grandiose "Long Lap" des Franzosen

Als die Strafe einige Runden nach dem eigentlichen Vorfall verhängt wurde, hatte Zarco bereits Fabio Quartararo (Petronas-Yamaha) überholt und eine kleine Lücke aufgemacht. Das war sein Glück, denn so lag er auch nach der Long Lap Penalty vor ihm.

"Ich erwartete eigentlich, dass ich mich jemand überholt und zählte innerlich schon runter, aber da kam niemand", erinnert sich der Avintia-Fahrer. "Das motivierte mich, weiter zu pushen. Ich konnte den dritten Platz absichern, auch wenn es hinten raus mit Rins eng wurde. Aber ich machte die Tür zu und es funktionierte."

Dass Zarco trotz der Strafe kaum Zeit verlor, lag auch daran, wie er die verlängerte Runde absolvierte: Er nahm den kürzesten Weg, ohne die weiße Linie zu berühren, und legte sich ordentlich in die Kurve, obwohl der Grip auf dem Streifen noch schlechter war als auf dem Rest der Strecke. Doch das tangierte ihn nicht.

Podestchance für Zarco auch in Spielberg?

"Ich bin überrascht, dass alle sagen, ich wäre die Long Lap so unglaublich gefahren", gibt er zu. "Für mich war es das erste Mal. Aber ich fühlte mich wohl. Vielleicht lag das daran, dass ich zu Hause jeden Tag mit der Multistrada fahre, und bei uns gibt es viele Kreisverkehre mit wenig Grip. Das hat womöglich geholfen."

Mit Blick auf die nächsten beiden Rennen in Spielberg ist Zarco zuversichtlich. "Spielberg ist immer eine gute Strecke für Ducati gewesen", weiß der Franzose. Im Vorjahr gewann Andrea Dovizioso auf der GP19, die jetzt Zarco pilotiert.

"Die Pole-Position und das Podium in Brünn haben meine Erwartungen für das Wochenende dort natürlich zusätzlich geschürt", sagt er. "Aber ich mache mir keinen Druck. Alles, was ich hier erreicht habe, ist wie ein Bonus für mich. Wenn wir ein Podium in Österreich wiederholen könnten, wäre das natürlich perfekt."

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