Risiko Markenwechsel: So denken andere Piloten über das Schicksal von Johann Zarco

30. Sept.
LAT

Ein rares Bild: Mit Andrea Dovizioso konnte Johann Zarco 2019 nur selten kämpfen

Wie schwierig ein Hersteller-Wechsel in der MotoGP sein kann, hat der Fall von Johann Zarco in dieser Saison eindrucksvoll gezeigt. Bei Tech-3-Yamaha imstande, aufs Podest zu fahren, schaffte es der Franzose mit KTM kaum in die Nähe der Top 10. Nach elf Saison-Rennen löste er seinen Vertrag vorzeitig auf, seit Aragon fährt er überhaupt nicht mehr.

Zarco ist sicherlich ein Extrem-Beispiel. Bei Andrea Dovizioso, der in seiner MotoGP-Karriere schon für Honda, Yamaha und Ducati fuhr, verliefen die Wechsel besser. Wenn auch nicht reibungslos: "Es kommt ganz auf den Einzelfall an", glaubt Dovizioso. "Was mich angeht, war ich bei drei unterschiedlichen Herstellern. Jeder hat eine komplett andere Charakteristik. Und jeder Fahrer geht wiederum anders damit um."

"Ich denke, man muss aufgeschlossen sein", erklärt der Italiener weiter. "Als ich von Honda zu Yamaha wechselte, sind mir viele gute Rennen gelungen. Das hängt auch vom Level des jeweiligen Motorrads ab. In dem Moment war das Motorrad sehr stabil. Nicht das schnellste oder beste Bike, aber wirklich konstant. Ich konnte mich schnell anpassen und war einer der Schnellsten bei diesem Hersteller. Das war immer mein Ziel. Als ich bei Yamaha war, und auch als ich zu Ducati wechselte."

Dovizioso: Comeback nach solch einem Absturz schwierig

Im Fall von Zarco und KTM kenne er die Details zu wenig, um sich ein umfassendes Urteil zu erlauben. "Ich glaube aber, der Wechsel von Yamaha zu KTM ist riesig", sagt Dovizioso. "Insofern ist es normal und solche Dinge können passieren. Gleichzeitig ist es ungewohnt und seltsam, diesen Kampf so zu sehen", räumt er ein.

Denn der Ducati-Pilot weiß: "Zarco ist ein großes Talent. Er hat das im vergangenen Jahr mit Yamaha bewiesen. Er war sehr schnell und fuhr ganz anders als die Werks-Piloten. Und manchmal war er sogar schneller. Mit Sicherheit ist er sehr talentiert. Aber wenn man einmal so abstürzt, ist es schwierig zurückzukommen. Ich weiß nicht, warum es so geendet ist. Ich kenne die Details nicht."

Deshalb fällt es auch Maverick Vinales schwer, sich eine Meinung zu bilden. "Dafür muss man die Situation genau kennen", meint der Spanier, der Ende 2016 von Suzuki zu Yamaha wechselte. "Wie Andrea schon sagte, sind Yamaha und KTM zwei sehr verschiedene Motorräder. Vielleicht konnte er deshalb nicht sein Bestes zeigen. Es ist hart zu sehen, dass ein Fahrer mitten in der Saison ausgetauscht wird. Denn einen anderen Platz zu finden ist schwierig. Ich wünsche Zarco und KTM nur das Beste."

Crutchlow: Zarco wäre mit Yamaha besser beraten gewesen

Für Cal Crutchlow (LCR-Honda) führt der Fall Zarco vor allem eines vor Augen. "Unterm Strich ist das hier ein knallhartes Geschäft - leider. Du musst Ergebnisse liefern." Der Brite ist überzeugt, dass Zarco mehr hätte erreichen können, wenn er bei Yamaha geblieben wäre, anstatt ins Werksteam von KTM zu wechseln.

"Er ist ein Fahrer mit einem sehr sanften Fahrstil. Ich will jetzt nicht den Klugscheißer spielen. Aber wenn er auf einer Yamaha geblieben wäre, hätte er in dieser Saison vielleicht das zeigen können, was Quartararo zeigt. Die Yamaha ist einfach das Bike, das am besten zu seinem Stil zu passen scheint", analysiert Crutchlow. Der Brite ergänzt: "Es tut mir einfach leid für ihn. Er ist ein fantastischer Fahrer, ein Weltmeister."

Das verlerne man nicht mal eben so. Doch der LCR-Honda-Pilot mutmaßt: "Er hat aber auch eine ganz spezielle Persönlichkeit. Vielleicht machte ihm das in seiner Situation mehr zu schaffen, als es bei anderen der Fall gewesen wäre." Ähnliches hatte auch KTM angedeutet. "Es ist jedenfalls schade zu wissen, dass er jetzt zu Hause sitzen muss."

Auf einer Honda sieht Crutchlow den beurlaubten Zarco in Zukunft jedoch nicht. "Falls er denkt, die Honda wäre einfacher zu fahren als die KTM, dann sollte er noch einmal genau nachdenken", warnt er den Franzosen, der nach einem neuen Team sucht. "Wenn das damals seine andere Option gewesen ist, dann wäre es am Ende, denke ich, auf das Gleiche hinaus gelaufen (wie bei KTM, Anm. d. Red.). Wenn nicht sogar noch schlimmer."

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