Straka über Thiem: „Am Ende des Tages ist er ein Mensch“

25. März
WIEN,AUSTRIA,28.APR.20 - TENNIS - ATP, training after lightening the restrictions due to the SARS-CoV-2 crisis, corona crisis. Image shows Dominic Thiem (AUT) and Herwig Straka (emotion).

Foto: GEPA Pictures / Christian Walgram

Seit rund einer Woche ist Dominic Thiem von seiner verpatzten "Wüsten-Tour" aus Doha und Dubai in die Heimat zurückgekehrt. Der US-Open-Sieger hat sich den Trip in die "Corona-Bubble" nach Miami zum dieswöchigen Masters-1000-Turnier erspart und konzentriert sich ganz auf die Sand-Saison. Gleichzeitig gilt es, Wehwehchen auszuheilen und auch ein bisschen etwas für die Seele zu tun.

Denn auch wenn speziell die besten Tennis-Spieler der Welt privilegiert sind: Das anhaltende Leben in der "Blase" mit keinen Zuschauern und auch ohne Familie oder Freundinnen im Umkreis fordert seinen Tribut. Das ist auch für Thiem-Manager Herwig Straka der vorwiegende Grund für die zuletzt enttäuschenden Leistungen seines Schützlings. "Die Erklärung ist: Am Ende des Tages ist er ein Mensch. Menschen haben ihre Stimmungen, sind abhängig von äußeren Gegebenheiten", erklärt Straka. "Wenn es so wie in Australien ist, dass du wochenlang in Quarantäne gehst, damit Du dann vor Publikum spielst und dann wird das wieder ausgeschlossen, dann hat das natürlich einen Effekt."

Dies betreffe nicht nur Thiem allein, sondern viele Spieler. So haben zuletzt verstärkt Spieler in den sozialen Netzwerken ihre Unzufriedenheit geäußert, darunter auch über das stark reduzierte Preisgeld. "Die ganze Diskussion und die steigende Aggressivität auch in den Postings hat damit zu tun, dass sie alle unzufrieden sind mit der Bubble-Situation." Dass dies in gewisser Weise ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, die teilweise auf die verordneten Maßnahmen gegen die Pandemie auch immer gereizter reagiert, verneint der Steirer nicht. "Die Spieler wissen sehr genau, dass sie privilegiert sind. Aber es ist Fakt, dass eine Bubble mental ein Wahnsinn ist."

Thiems lädierter Fuß kein großes Problem

Zum angeschlagenen Fuß von Thiem, den dieser schon vor Doha als ein altes und wiederkehrendes Problem bezeichnet hatte, das fast nur auf Hartplatz auftritt, wollte der Manager wenig sagen. "Da wird er selbst noch Stellung nehmen. Der Fuß, glaube ich, ist ein geringeres Problem in der Situation."

Neu ist eine kleine Änderung im Turnier-Plan: Thiem steigt nach Ostern ab 11. April beim Masters-1000-Event in Monte Carlo wieder in die Tour ein. Danach spielt er aber nicht beim 500er-Turnier in Barcelona, sondern beim 250er-Event in Belgrad. In Spanien wäre Thiem wegen der Absage im Vorjahr eigentlich Titelverteidiger. Danach spielt er Lichtenwörther Madrid, Rom und die French Open.

In Belgrad wird das Turnier vom Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic quasi mitveranstaltet. Die Matches gehen in seinem "Novak Tennis Center" über die Bühne. Dass es dort vor Jahresfrist wegen überbordender Zuschauer-Zahlen bei der "Adria Tour" zu mehreren Corona-Fällen gekommen ist, hat Thiems Entscheidung nicht erschwert. Auch nicht, dass damals Bilder von Partys um die Welt gingen, auf denen "Turnierchef" Djokovic, Grigor Dimitrow, Borna Coric, Viktor Troicki und "Djoker"-Coach Goran Ivanisevic teils ausgelassen und ohne Abstand feierten.

Thiem auch heuer bei "Djokovic-Turnier"

"Es hat ihm in Belgrad trotz der Vorkommnisse recht gut gefallen. Man muss nicht immer das gleiche Turnier spielen", so Straka. Ob er das als Manager gerne sieht? "Wenn ich es nicht unterstützen würde, würde er es nicht machen." Der Steirer geht davon aus, dass man bei den Organisatoren aus der Vergangenheit gelernt hat.

Straka ist auch im dreiköpfigen ATP-Board of Directors für viele Entscheidungen mitverantwortlich. Wie sieht er die teils harsche Kritik von Spielern? "Dass viele Spieler öffentlich Kommentare abgeben, ist ihr gutes Recht - aber förderlich ist es nicht. Fakt ist, dass in Pandemie-Zeiten nicht mehr Geld da ist. Auch wenn die Spieler immer glauben, die Turniere verdienen so viel Geld." An der u.a. auch von John Isner geforderten besseren Transparenz, wie es zu den Preisgeld-Adaptionen kommt, weil etwa Miami dank Sponsoren und TV-Werbeverträgen auch ohne Zuschauer gutes Geld lukriere, wird laut Straka gearbeitet.

"Wir sind stolz, dass wir die Tour durchführen. Im Unterschied zu den meisten anderen Sportarten haben wir eine Tour", erklärt Straka. Und fügt an: "Die ATP wird immer mit einer NHL oder einer Formel 1 verwechselt. Das sind individuelle Turniere, die sich hintereinander anreihen. Jedes hat eigene Vorschriften und Regulative. Wir tun uns da nicht so leicht, Dinge durchzusetzen."

Davis-Cup-Finale: Straka übt Kritik

Selbst für die vermarktungs-technisch lukrativsten Grand-Slam-Turniere macht es die anhaltende Pandemie finanziell immer schwieriger. Dies verlautbarte kürzlich ATP-Boss Andrea Gaudenzi. "Ein Jahr ist aushaltbar. Aber zwei Jahre hintereinander oder gar drei ist selbst für die Grand Slams ein Problem. Die brauchen auch 'Sauerstoff'", so der Italiener.

Die immer wieder auftauchenden Vorschläge nach einer längeren, lokalen Bubble nach NBA-Vorbild, seien geprüft worden, erklärte Straka. "Im Tennis sind wir global, spielen auf verschiedenen Kontinenten und Zeitzonen. Man würde nicht nur Ticket-Verkäufe verlieren, sondern auch Sponsoren." Es würde nur das Reise-Problem lösen, nicht aber die finanziellen Sorgen.

Straka bemüht sich als Veranstalter auch um die Austragung eines Teils des Davis-Cup-Finalturniers in Innsbruck, war aber über das Ausplaudern von Details vom Tiroler Landesverbands-Präsidenten nicht glücklich. "Das verschlechtert unsere Chancen, wenn man Dinge nicht geheim halten kann. Das Bieter-Verfahren ist sensibel." Eine Deadline für die Entscheidung gibt es laut Straka nicht. (APA/red.)

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