Streif trotz neuer Linienführung am Hausberg „noch die Streif“

19. Jan.

Foto: GEPA pictures/ Wolfgang Grebien

Erster Trainingstag auf der neuen Streif: Marcel Hirscher als Vorläufer, Vincent Kriechmayr mit einem Tag zum Vergessen und schwerer Sturz von Josef Ferstl.

Die neue Linienführung über den Hausberg scheidet die Geister der Speedfahrer. Die Geschwindigkeit am Zielsprung war dennoch sehr hoch, wie das erste Abfahrts-Training am Mittwoch auf der Kitzbühler Streif zeigte. Übrigens mit einer unerwarteten Attraktion: Ex-Ski-Star Marcel Hirscher wagte sich als Vorläufer über die legendäre Streif. "Es ist eine Kurve, eine Passage. Es ist nicht so, dass Kitzbühel neu erfunden wurde", sieht der Schweizer Vorjahressieger Beat Feuz die Änderung gelassen. Den "Ärger" schon bei der Besichtigung verrauchen ließ Dominik Paris, Matthias Mayer hatte gemischte Gefühle.

Unbeeindruckt von jeder Streckenänderung fuhr der Norweger Aleksander Aamodt Kilde zur Trainingsbestzeit vor Mayer und dem zeitgleichen Italiener Matteo Marsaglia (+0,22 Sek.). Der Kärntner "traf" genau den im Blickpunkt stehenden Hausberg nicht. Die Änderung an sich sieht er "schon notwendig" nach den Stürzen in den vergangenen Jahren. "Aber ich finde die Traverse viel zu stark entschärft und der Zielsprung ist gleich. Ob die Änderungen das bringen, was sie sollen, weiß ich nicht."

Es gäbe nur eine Linie zu fahren und keine verschiedenen Varianten mehr. "Das macht es für den Rennläufer vielleicht weniger interessant. Aber die Streif bleibt die Streif, oben ist es richtig eisig, du musst konzentriert bleiben, es geht gescheit zur Sache", sagte der Doppelolympiasieger. "Die Intention war die richtige, dass wir den Speed reduzieren. Vielleicht können wir nächstes Jahr noch ein paar Adaptierungen vornehmen, vielleicht war es ein bisschen zu viel. Aber für heuer und mit der Wettervorhersage ist das gut", sagte Markus Waldner, der FIS-Chef-Renndirektor in der abendlichen Mannschaftsführersitzung.

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Streckenrekord auf der Streif unangreifbar

Um dem Sicherheitsaspekt verstärkt Sorge zu tragen, versetzten die Veranstalter die Anfahrt zum Hausberg in Fahrtrichtung nach rechts außen. Dadurch ergibt sich ein weiterer Radius. Dank runderer Linie soll der Druck am Hausberg verringert werden und die Geschwindigkeit am Zielsprung niedriger sein. Die Fahrzeit wird länger, der heuer 25 Jahre alte Streckenrekord von Fritz Strobl (1:51,58 Minuten), aufgestellt 1997 in Zeiten wesentlich direkterer Kurssetzung, ist nun endgültig unangreifbar. Kilde benötigte am Mittwoch 1:56,54.

Und was die Geschwindigkeit am Zielsprung betrifft: Travis Ganong (USA) hatte am Mittwoch als Schnellster 143,33 km/h drauf, viele vorne Platzierte lagen um die 140. Im Vorjahr hatte Ganong bei perfektem Wetter mit 149,21 die absolute Höchstmarke erreicht. Doppelsieger Feuz kam in beiden Rennen auf etwa 145.

"Es hat alles gepasst, nur das Tempo war fast zu hoch", erinnerte sich Feuz, der die Änderung etwas "schade" fand. "Ich weiß nicht, ob es das gebraucht hätte, oder man es auch anders lösen hätte können. Aber ich nehme es, wie es kommt." Er selbst verspürte am Mittwoch bei der Rückkehr auf die Streif nur positive Gefühle. "Letztes Jahr der Sieg, jetzt noch das mit dem Kind, alle Baustellen sind vorbei", sagte der nun zweifache Papa. Auf den Erfolg am Hahnenkamm musste der vierfache Abfahrtskugelgewinner bis 2021 warten, schlug dann aber gleich doppelt zu.

Danklmaier als Fünfter zweitbester Österreicher

Zweitbester ÖSV-Läufer war im ersten Abtasten für die beiden heurigen Abfahrten Daniel Danklmaier (+0,81) an der fünften Stelle. "Von mit aus hätte die Streckenänderung nicht sein müssen. Ich bin eher dafür, dass man die Klassiker beibehält. Es war gefährlich, es hat viele Brezn gegeben. Mir ist die Stelle gelegen, aber es ist neu auch sehr interessant zu fahren."

Daniel Hemetsberger reihte sich als Neunter ein (+1,28), für ihn hat die Streif nichts an ihrem Mythos verloren. "Die Streif ist wieder brutal eisig, unruhig, es geht brutal zur Sache. Die Änderung ist interessant. Es macht es ein bissl schwieriger, dass man den ganzen Speed mitnimmt. Wenn es einer voll trifft, kann es sein, dass gescheite Zeitabstände entstehen." Wenn es dadurch weniger Stürze gäbe, sei es gut. Otmar Striedinger (17./+1,45) fragte sich, ob es sein musste, "in der Traverse so eine Vertikale einzubauen". Ihm habe es vorher besser gefallen, aber "Streif bleibt Streif". Andere Abschnitte seien schwer genug.

Einen Arbeitstag zum Vergessen hatte Vincent Kriechmayr mit 5,23 Sekunden Rückstand. "Ich habe einen katastrophalen Fehler gemacht, aber ich bin auch wirklich schlecht Ski gefahren. Wengen war am Samstag, heute ist Mittwoch. In ein paar Tagen habe ich das Niveau doch wieder drastisch gesenkt, was meine skifahrerische Qualität betrifft", sagte der Lauberhornsieger gewohnt selbstkritisch.

Kriechmayr über Änderungen auf der Streif

Was die Änderung auf der Streif betrifft, bringt er auch Verständnis auf. "Es ist siebzig Jahre gegangen, der legendäre Charakter der Strecke verändert sich ein bisserl. Andererseits muss man schon sagen, wenn es dadurch gelungen ist, dass man weniger katastrophale Stürze vor allem im Zielsprung sieht, haben sie eine richtige Entscheidung getroffen. Dann wird jeder happy sein."

Der Sport werde immer schneller, aggressiver, das Material immer besser. "Solche Stürze wie letztes Jahr von Urs wollen wir nicht sehen." Der Schweizer Urs Kryenbühl war nach einem missglückten Zielsprung in der ersten Abfahrt mit über 145 km/h zu Sturz gekommen und hatte sich einen Riss des Kreuz- und Innenbandes im rechten Knie sowie einen Schlüsselbeinbruch und eine Gehirnerschütterung zugezogen.

Auch Paris verließ nach seinen 2,97 Sekunden Rückstand nicht wirklich glücklich den Zielraum. "Heute ist alles daneben gegangen, U-Hakerl, Steilhang, Seidlalm, alles. Da ärgert man sich natürlich. Über die neuen Streckenführung habe ich mich schon bei der Besichtigung geärgert. Ich finde das ein bisserl schade." Der Südtiroler meinte, man sei wieder bei 142, 143 km/h und damit sei die Zielsprunggeschwindigkeit wieder fast dieselbe. "Das Ziel war ja, für den Zielsprung zu reduzieren. Das ist nicht ganz gelungen."

Ferstl kam bei Streif-Sturz glimpflich davon

Einmal musste beim Abfahrtstraining von Kitzbühel am Mittwoch der Hubschrauber abheben. Doch kurz darauf schickte der gestürzte deutsche Skirennfahrer Josef Ferstl die Entwarnung aus dem Krankenhaus St. Johann. "Zwar fühle ich mich aktuell wie nach einem Vollwaschgang – die Muskeln sind zu, die Prellungen sind nicht zu leugnen – aber ich werde jetzt erstmal unseren Physiotherapeuten besuchen und mich von ihm wieder in Form bringen lassen", sagte Ferstl.

Der Super-G-Sieger von 2019 auf dem Hahnenkamm war bei der Steilhang-Ausfahrt gestürzt. "Am Donnerstag werden wir dann sehen, ob ich fit für das Training bin", sagte der Athlet in einer Mitteilung des Deutschen Skiverbandes (DSV). Weitere Fahrer stürzten im heuer ersten Training nicht.

Programmänderung in Kitzbühel

Die Wetterprognosen machen eine Programmänderung für die alpinen Hahnenkammrennen in Kitzbühel notwendig. Der Slalom-Klassiker der Männer auf dem Ganslernhang soll nun bereits am Samstag (10.15/13.45) in Szene gehen, eingebettet in die zwei Abfahrten am Freitag (11.30) und Sonntag (13.30). Für Samstag sind laut Wetterprognosen 30 bis 60 Zentimeter Neuschnee möglich, weshalb das einfacher durchführbare Technikrennen vorgezogen wurde. (APA/red.)

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