Thomas Vanek: „Jetzt ist für mich die Familie wichtiger“

28. Feb.
Thomas Vanek Karriereende

GEPA-041205174 – DENVER,USA,04.DEZ.05 – EISHOCKEY – NHL, Thomas Vanek im Spiel gegen die Colorado Avalanche. Bild zeigt Thomas Vanek (Buffalo). Foto: GEPA pictures/ Franz Pammer

Österreichs NHL-Star Thomas Vanek über Familie, Karriere und seinen Schlussstrich.

Er war und ist Österreichs größter NHL-Star. Thomas Vanek hat in der stärksten Liga der Welt einige Meilensteine aufgestellt. Der nächste Österreicher, der in seine Fußstapfen treten kann, ist Marco Rossi.

War es eine schwierige Entscheidung, nun Schluss zu machen?

Es ist nie einfach. Für mich am schwersten ist, dass ich weiß, dass ich noch drei Jahre spielen könnte. Auf der anderen Seite habe ich eine Karriere gehabt, auf die ich stolz sein kann und ich habe jetzt die Möglichkeit, meine Kinder zu trainieren.

Wie war der Weg zur Entscheidung?

Ich habe im Sommer unheimlich gut trainiert, ein paar Mannschaften haben angerufen, ich wollte aber nicht unterschreiben, es hat sich im Bauch nicht richtig angefühlt. Im Hinterkopf wollte ich zu Hause meine Söhne (Blake/12 Jahre und die Zwillinge Luka Robert und Kade Ashton/9) im Eishockey coachen. Auch im Herbst und zu Weihnachten gab es Anrufe, aber ich habe mir nicht vorstellen können, die Sachen zu packen und weg zu sein. Ich habe meinem Manager dann gesagt, zur Transfer-Deadline (24.2.) bei einem Angebot nachzudenken, bei dem ich den Traum aufnehmen kann, den Stanley Cup zu gewinnen. Ich habe ihm vier Mannschaften genannt, wenn die interessiert sind, würde ich es vielleicht nochmal machen, aber ich habe dann gesagt genug ist genug. Ich hatte eine lange Karriere, jetzt ist für mich die Familie wichtiger. Meine Erinnerungen sind, dass meine Mutter bei vielen Spielen dabei war und mein Vater immer. Das gleiche kann ich nicht sagen. Ich habe für mich selber genug Zeit gehabt, das macht die Entscheidung viel einfacher.

Was waren Ihre Highlights in 14 Saisonen NHL?

Dreimal das Conference-Finale erreicht zu haben, zweimal mit Buffalo und einmal mit Montreal. Du bist so knapp dran, den Schritt ins Finale zu schaffen, dort kann alles passieren. Das Play-off in der NHL ist unglaublich, das Kribbeln im Bauch wird höher, alle sind motiviert. Wir hatten die Chance, es zu gewinnen. Mit Buffalo habe ich 100-prozentig gedacht, wir sind die beste Mannschaft, aber die gewinnt nicht immer. Wir hatten auch immer Verletzungssorgen. Mit Montreal auch, wir haben Tampa und Boston geschlagen, dann hat sich (Torhüter Carey) Price verletzt, das hat die Luft aus der Mannschaft genommen. Es wäre viel einfacher aufzuhören, wenn ich den Stanley Cup gewonnen hätte.

Worauf sind Sie am meisten stolz?

Für mich sind das nicht die Tore und Punkte. Ich sehe mich nicht als Held, ich habe meinen Traum gelebt, ich habe mein ganzes Leben meinen Lieblingssport gespielt. Mein Traum war von klein auf die NHL. Im letzten Jahr hatte ich mein 1.000. NHL-Spiel, das war nicht das Ziel und der Traum, die Ehre zu haben, so lange spielen zu dürfen. Das andere Highlight war die Wahl zu Österreichs Sportler des Jahres (Anm.: 2007). Eishockey ist in Österreich eine Randsportart, da so eine Auszeichnung zu bekommen, darauf bin ich sehr stolz. Ich habe gehofft, dass das auch dem Eishockey hilft, nicht nur mir. Aber das war leider nicht so.

Haben Sie in Amerika mitbekommen, wie populär Sie in Österreich waren?

Ja. Ich hätte mir das nie vorstellen können, dass es so viele Fans gibt. Das ist wunderschön und schwer in Worte zu fassen. In meinem Rookie-Jahr in der NHL hat es einmal beim Aufwärmen ein paar Österreich-Flaggen auf der Tribüne gegeben. Selbst ein paar Mitspieler haben geschaut, was da abgeht. Das sind coole Momente, ein Wow-Effekt.

In 15 Jahre trifft man auch Fehlentscheidungen - was würden Sie anders machen?

Habe ich Fehlentscheidungen gemacht? Auf alle Fälle. Aber ich bin kein Mensch, der zurückschaut, das Leben ist so. Du machst Fehler, aber das macht die Person und den Spieler aus, der ich bin. Das hat mich stärker gemacht.

Wer hat Sie im Eishockey am stärksten geprägt?

Mein Vater von klein auf. Papa hat mir nicht nur Eishockey gelernt, sondern auch Mentalität, dass man immer ein guter Mitspieler sein muss. Bob Motzko war zwischen 15 und 17 mein Juniorentrainer (Anm.: in Sioux Falls) auf hohem Niveau, ohne ihn wäre ich nicht so weit gekommen. Später (Anm.: in Buffalo) Chris Drury und Mike Grier, die älteren Mitspieler, die mir nicht das Spiel gelernt haben, aber wie man ein richtiger Profi ist. Hoffentlich habe ich das später anderen Jungen beigebracht.

Thomas Vanek - Graz99ers

Welchen Rat haben Sie an junge Spieler?

Ich habe von klein auf gelernt, die Mentalität ist das Wichtigste. Du musst Spaß am Sport haben, harte Arbeit kommt dazu, aber wichtig ist, dass du eine guter Mitspieler und guter Freund bist. Darauf habe ich viel Wert gelegt. Im Teamsport kannst du nicht neidisch sein oder nur auf dich schauen. Du brauchst null Talent, um ein guter Mensch und Mitspieler zu sein. Ich hoffe, dass meine Mitspieler das von mir bekommen haben.

Mit Marco Rossi steht ein junger Österreicher in den Startlöchern - wie schätzen Sie ihn ein?

Ich schaue mir von Marco öfter seine Highlights an. Er ist ein super Spieler und hat eine riesige Zukunft vor sich. Ich habe vor kurzem mit einem General Manager geredet, der hat von ihm geschwärmt. Man merkt, dass er heuer mehr Selbstvertrauen hat. Am meisten an seinem Spiel gefällt mir: die Jugend heutzutage ist eisläuferisch und technisch unglaublich, aber viele können das nicht umsetzen, wie man richtig Eishockey spielt. Marco ist schnell, stark auf den Füßen, hat gute Hände, aber das Schönste ist, er macht Spieler links und rechts und vor und hinter ihm besser. Er denkt das Spiel auf hohem Niveau.

Sie haben die Entwicklung im österreichischen Eishockey immer wieder kritisiert. Haben Sie eine Botschaft für das österreichische Eishockey?

Ich habe das nie kritisch gemeint, ich sage, was ich denke. Meine Meinung ist immer gleich: Obwohl Eishockey ein Randsport ist, haben wir super Fans, der Sport lebt. Aber der Sport hat noch nie geboomt. Das müssen wir ändern. Die Vereine und der Verband müssen gemeinsam in den Nachwuchs investieren. Nicht erst bei der U18 oder der U16, man muss bei den Superminis beginnen, dort bessere Trainer holen. Und nach Jahren merkt man, dass mehr Talente nachkommen. In der Liga sieht man vor den Play-offs, dass drei Spieler ausgetauscht werden und ein Ausländer kommt. Das ist falsch, aber ich verstehe die Vereine, die sagen, es gibt nicht genug gute Österreicher.

Wie sieht Ihre Zukunft aus, was planen Sie?

Am Montag, als es vorbei war, habe gleich umgestellt auf das nächste Ziel: ich will General Manager in der NHL werden. In den nächsten vier, fünf Monaten werde ich schauen, ob ich eine Funktion im Büro bekommen, um diese Seite kennenzulernen. Vor sechs, sieben Jahren habe ich angefangen, mitzuschreiben, was der Masse der Spieler getaugt hat, was sie gut und schlecht finden. Bei acht Mannschaften bekommst du viele Erfahrungen mit verschiedenen Trainern und Managern. Ich glaube, ich habe ein gutes Gefühl dafür was es braucht, um zu gewinnen.

Sie trainieren derzeit den Nachwuchs mit Ihren Söhnen. Wäre auch Trainer ein Ziel?

Ein paar Trainer haben gesagt, sobald du aufhörst, nehme ich dich als Co-Trainer. Du siehst das Spiel auf gutem Niveau. Das ist was, was mich interessiert, ich war die letzten fünf Jahre für junge Spieler auch so etwas wie ein Trainer. Im Moment will ich mich aber nur auf meine Kinder konzentrieren, als Trainer wäre ich wieder viel unterwegs. Aber irgendwann einmal vielleicht.

(Stefan Grüneis/APA)

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