Horst Lichter im Interview: „Österreicher sind vielleicht etwas höflicher“

14. Nov.
Clothing, Apparel, Person

Horst Lichter.

Bares für Rares-Moderator Horst Lichter im Interview über die Faszination des Formats, seine bewegensten und spannendsten Fälle und: Sein Tipp für österreichische Verkäufer.

Horst Lichter stand ab Sonntag, 1.12., 20.15 Uhr den Verkäufern aus Österreich zur Seite, wenn es bei Bares für Rares Österreich an die Expertise, ans Feilschen und ans Verkaufen geht. Es diese Kombination und die Geschichten dahinter, die Bares für Rares zu einer Institution im Fernsehen aufstiegen ließen. Lichter ist damit untrennbar verbunden. Was ihm bei knapp 1000 Fällen in Erinnerung blieb, warum er ohne seine Frau kein Geld mehr hätte und noch viel mehr erzählt er im Interview!

servustv.com: Bares für Rares kommt nach Österreich – wie schätzen Sie das Verhandlungsgeschick der Österreicher im Gegensatz zu den Deutschen ein?

Horst Lichter: Da gibt es gar keinen großen Unterschied, außer, dass der Österreicher vielleicht etwas höflicher ist, es schöner umschreiben kann, was er gerne hätte und auch mit einer Absage nett umgehen kann. Alles Dinge, die ich übrigens sehr mag.

Wo wird man den Unterschied zwischen Österreichern und Deutschen merken? Ist es ein Mentalitätsding?

Das ist sicher ein Stück Mentalität, natürlich auch Erziehung. Man kann beispielsweise ein Nein immer auf zwei Arten aussprechen. Es kann hart sein und fast schon weh tun, oder man formuliert es so, dass es fast noch schmeichelnd ist und man nicht geizig wirkt. Wenn man das hier als Verkäufer schön hinbekommt, werden das sehr spannende Verhandlungen.

Sie sagten in einem Interview mit dem Stern, wie viel wert Sie darauflegen, dass Bares für Rares echt ist und echt bleibt. Was meinten Sie damit?

Ich habe damit gemeint, zu vermitteln, dass das Ganze nicht gestellt ist. Hier kommen ganz normale Menschen aus Österreich her und was sie besitzen, ist auch wirklich in ihrem Besitz. Das ist keine Spielshow und hier wird nichts gefaked. Das ist mir wichtig. Das Objekt selber gewinnt erst durch die Erklärungen der Experten und durch die Geschichten der Verkäufer an Attraktivität. Und die Spannung kommt dann durch die Verhandlungen dazu.

Teilweise sind mit den Raritäten bewegende Familiengeschichten verbunden – etwa die Weitergabe eines Erbstücks. Kommen manche mit Tränen aus dem Händlerraum?

Habe ich auch schon erlebt. Ein gestandener Mann hat nach dem Verkauf, der ja von ihm ausging, geweint. Er wollte verkaufen, ihm war aber nicht bewusst, wie schwer es einem dann fallen wird. Wir haben ihn dann sogar gefragt, ob er es rückgängig machen will. Es ist zwar ein offizieller Kaufvertrag, aber mit beiderseitigem Einverständnis geht das. Er war mit dem Verkauf dann weiterhin einverstanden, er musste es nur verarbeiten.

Manche erfüllen sich nach den Verhandlungen mit dem Geld einen Lebenstraum – etwa eine Fernreise. Können Sie die Genugtuung beschreiben, wie es ist, Menschen weiterzuhelfen oder ihre Träume zu erfüllen?

Ich bin so gestrickt, dass ich alle Menschen glücklich sehen will. Wenn ich meine Frau nicht hätte, hätte ich kein Geld mehr – ich würde alles verschenken. Ich überrasche und beschenke Menschen wirklich gerne. Und ich sehe es gerne, wenn sich Menschen durch Bares für Rares Träume erfüllen können. Mir hat ein guter Freund aber auch mal einen wichtigen Satz gesagt: „Wenn du Geld brauchst und einen geliebten Gegenstand dafür einsetzen könntest – tu in schlimmen Zeiten so, als hättest du es nicht, dann kannst du es auch nicht verkaufen.“

Ist Ihnen jemand bis heute in Erinnerung geblieben?

Ich habe in den fast 1000 Fällen, die wir hatten, wirklich viele tolle Menschen kennengelernt. Meistens waren die berührendsten Geschichten die, bei denen es am wenigsten Geld gab. Eine alte Dame kam mal mit einem Anhänger zu uns, es war ein Erbstück. Sie hatte allerdings keine Kinder und Enkel, also entschloss sie sich für den Verkauf, um mit dem Geld einmal in ein berühmtes Cafe zu gehen und sich einfach alles mögliche zu bestellen.

Welche Gegenstände sind bis heute hängengeblieben?

Hauptsächlich die, die ich gerne selber gehabt hätte (lacht). Grundsätzlich alles rund um die Mobilität. Von Büchern bis hin zu Fahrzeugen. Aber auch schöne Armbanduhren. Natürlich ist bei mir dieses unfassbare Kreuz eingebrannt, mit 40 Karat Diamanten und dem Siegel des Papstes – das birgt noch so unendlich viele Geheimnisse. Da ist man der Jäger des verlorenen Schatzes. Das fasziniert mich.

Wären Sie selbst mal gerne zum Händler geworden?

Häufig! Alleine was ich hier in Österreich bislang zu sehen bekommen habe. Hier waren schon zwei Stücke dabei, da wäre ich wirklich selbst gerne hinter dem Händlerpult gestanden. Ich darf ja kaufen, aber wie jeder andere erst danach von den Händlern – und dann wird es natürlich teuer.

Bares für Rares ist in Deutschland bereits zu einer Institution im TV aufgestiegen und ist in Österreich ebenfalls sehr beliebt. Was erzeugt dieses befriedigende Gefühl beim Zuschauen?

Ein paar Dinge: Der Respekt vor jedem Kandidaten, es wird jeder sehr höflich behandelt. Hier ist ein Mensch mit einer Geschichte da. Hier gibt es eine Expertise und dann beginnt das Raten und Mitfiebern und zum Schluss denkt man sich selbst: Mensch, Gertrud, haben wir nicht auch noch so etwas im Keller? Und: Es gibt immer ein Ende. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen – mal als Komödie, mal als Tragödie oder als Krimi.

In Bares für Rares versprühen Sie schier nie enden wollenden Optimismus und Neugier. Zwei Tugenden, die Ihnen wichtig sind?

Ich liebe und lebe den Moment. Ich möchte meine Neugierde niemals verlieren. Meine größte Leidenschaft: Ich liebe Menschen. Wenn man Menschen liebt, muss man vorher sich selber mögen – das muss erledigt sein. Ich mag mich und komme mit mir klar. Somit darf ich das tun, was ich am liebsten mache.

Ein Tipp für die Verkäufer in Österreich?

Relativ einfach: Wenn ein Händler fragt, was Sie dafür haben möchten – nicht antworten. Der, der als erster den Preis sagt, hat verloren. Den festgestellten Preis bei der Expertise würde ich zum Schluss in die Waagschale schmeißen. Man muss sich die Coolness bewahren und die Händler sollen nicht merken, dass man es unbedingt verkaufen will – sondern verkaufen möchte.

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