Premiere mit Nebengeräuschen: Formel 1 fährt erstmals in Katar

18. Nov.
SPA,BELGIUM,26.AUG.21 - MOTORSPORTS, FORMULA 1 - Grand Prix of Belgium, Circuit de Spa-Francorchamps, preview, FIA press conference. Image shows Lewis Hamilton (GBR/ Mercedes).

Foto: GEPA Pictures / XPB Images / Charniaux

Es soll nur der Anfang sein: Exakt ein Jahr vor Beginn der Fußball-WM macht die Formel 1 erstmals in Katar Station - für die Piloten ist der Losail Circuit noch Neuland.

Den Schauplatz der nächsten Runde im packenden Titel-Duell kennt Max Verstappen nur vom Bildschirm. "Ich bin ein bisschen im Renn-Simulator gefahren, um die Kurven zu kennen. Aber es wird schön, es endlich real zu sehen", sagte der WM-Spitzenreiter vor der Formel-1-Premiere in Katar. Am kommenden Sonntag (ab 13:30 Uhr LIVE bei ServusTV Österreich, im Stream & in allen Apps) findet im Gastgeberland der Fußball-WM 2022 erstmals ein Grand Prix der Motorsport-Königsklasse statt.

Dass keiner der Formel-1-Stars je auf dem Kurs seine Runden gedreht hat, sorgt beim drittletzten Saisonrennen für noch mehr Spannung im brisanten Zweikampf zwischen Red-Bull-Pilot Verstappen und Titelverteidiger Lewis Hamilton. Es ist der 20. von 22 Läufen der Saison, und Verstappen führt in der WM-Wertung vorbehaltlich anstehender Einsprüche mit 14 Punkten Vorsprung auf Hamilton.

Vorfreude auf Katar-Grand-Prix getrübt

Die Vorfreude auf den nächsten Schlagabtausch ist aber getrübt. Katar, das kleine Land auf einer Halbinsel am Persischen Golf, steht seit Jahren aufgrund der Missachtung von Menschenrechten und der Ausbeutung von Arbeitsmigranten international in der Kritik. den Machthabern vorgeworfen, durch ein umfangreiches Engagement im Profi-Sport zu versuchen, das ramponierte Image aufzubessern. Die Formel 1 kommt da gerade recht, der Große Preis findet am 21. November und damit auf den Tag genau ein Jahr vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-WM statt.

Wer sich vom internationalen Flughafen durch Doha auf den Weg in den Norden zum Losail International Circuit macht, fährt gleich an mehreren WM-Stadien vorbei. Dann taucht plötzlich wie aus dem Nichts die für die Formel 1 noch neue Strecke praktisch in der Wüste auf. Mit riesigen Plakaten wird an der Stadtautobahn geworben. Unter 2G-Bedingungen soll es volle Tribünen geben.

Motorrad-WM schon seit 2004 zu Gast

Seit 2004 macht in Losail schon die Motorrad- sowie Superbike-WM Station. Nun folgt auch die wichtigste Serie im Motorsport in das reiche Emirat. In diesem Jahr springen die Veranstalter aufgrund der angespannten Corona-Lage für Australien ein, ein Zehnjahres-Vertrag ab 2023 ist schon fixiert.

Einen "bahnbrechenden Langzeit-Deal" nennt das Abdulrahman Al-Mannai, der Präsident von Katars Motorsport-Verband. Katar und die Formel 1 - das gehört aus seiner Sicht zusammen. Der mächtige Entscheider hatte zudem bereits gesagt, dass es keinen Maulkorb für die Fahrer geben werde. Stattdessen könne jeder von ihnen frei seine Meinung "auch zu strittigen Themen sagen", betonte er.

Am Donnerstag wird sich bei den offiziellen Medienrunden vor dem Wochenende zeigen, wer das tatsächlich nutzt. Vor allem Mercedes-Star Hamilton und der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel halten sich bei Themen wie Diskriminierung, Unterdrückung und anderen Missständen nicht zurück.

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Kein Maulkorb für Formel-1-Stars

"Ich denke nicht, dass wir in diese Länder gehen und ignorieren sollten, was dort passiert", hatte der Brite Hamilton im Frühjahr beim Großen Preis von Bahrain gesagt. Die Regierung Katars wies inzwischen wiederholt Kritik zurück und verwies auf die umgesetzten Reformen für die Arbeiter. In den vergangenen zehn Jahren habe man mehr als jedes andere Land getan, um die Bedingungen für ausländische Arbeiter zu verbessern, hieß es von offizieller Seite.

Die Formel 1 ist überzeugt davon, mit dem Gang nach Katar das Richtige zu tun. Boss Stefano Domenicali sagte der BBC, dass er überzeugt davon sei, dass es falsch wäre, diese Länder auszuschließen. Man könne vielmehr für Verbesserungen sorgen, wenn man das Rampenlicht auf Katar & Co. richte. In den Abmachungen mit den Veranstaltern wurde laut dem Italiener zudem auch extra hinterlegt, dass Menschenrechte in allen Aspekten ihrer Verbindung mit dem Sport respektiert werden müssen. Sollte das nicht der Fall sein, kann die Formel 1 die Verträge einseitig kündigen.

Längst sind die WM-Läufe auf der arabischen Halbinsel mehr als eine Notlösung. Nun finden sogar erstmals saisonübergreifend gleich fünf Rennen nacheinander in der Region statt. Von Katar geht es weiter zur nächsten Premiere nach Dschidda in Saudi-Arabien und anschließend zum Saisonfinale in die Glitzerwelt Abu Dhabis. Kommendes Jahr steigt der Auftakt wieder in Bahrain, ehe es nach Saudi-Arabien geht.

"Ein guter Ort für Formel-1-Rennen"

"Der Mittlere Osten ist ein guter Ort für Rennen", sagte Haas-Teamchef Günther Steiner. "Diese Länder sind aufstrebend und stecken viel Mühe rein, diese Events zu veranstalten." Außerdem sei es noch "warm, wenn es in Europa kalt wird", sagte der Südtiroler. "Wenn die Leute einen Urlaub planen, ist es ein guter Ort, um dort hinzureisen."

Das sehen längst nicht alle so. Vor allem nicht die Betreiber von Strecken in Europa. Amnesty International wiederum appellierte: "Die Fahrer und ihre Teams sollten bereit sein, im Vorfeld dieses Rennens auf die Menschenrechte in Katar aufmerksam zu machen." (APA/red.)

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