10 Jahre Servus Hockey Night – Helden im Hintergrund: Die Aufnahmeleitung

17. Apr.
Angie von Thun
In unserer Serie „Unsung Heroes“ stellen wir euch jene Personen vor, die am Erfolg der Servus Hockey Night maßgeblich beteiligt waren.

Text: Martin Pfanner

Jedes Ende bringt Wehmut und auch Tränen mit sich. Am 10. März ist die Servus Hockey Night unrühmlich und abrupt zu Ende gegangen. Dabei galt es noch so viele verdiente Mitarbeiter hervorzuheben. Das tun wir nun über die nächsten Wochen an dieser Stelle. Heute Teil 7: Die Aufnahmeleitung.

Welche Person koordiniert seit Jahren sämtliche Timings der Servus Hockey Night? Wer ist bei Eismeistern, (Back-Office-)Vereinsmitarbeitern, Pressesprechern, Managern, Coaches und Spielern gleichermaßen bekannt, beliebt und bisweilen berüchtigt? Nach wessen Pfeife tanzten alle soeben Genannten über 300 Mal in den letzten 10 Jahren? Nach der der Aufnahmeleitung.

Auftritt: Angie von Thun

„Servus, ich bin die Angie“. Fünf Worte, die in den Eishallen der Erste Bank Eishockey Liga in der zurückliegenden Dekade tausendfach aus dem Mund von Angie von Thun zu hören waren.

Fünf Worte, die bereits ein paar grundlegende Charakterzüge der Deutschen abgrenzen: Nahbarkeit, Offenheit, Freundlichkeit, Direktheit. Essentielle Dinge, um in ihrem Job nicht nur akzeptiert zu werden, sondern auch erfolgreich zu sein.

Was macht eigentlich die Aufnahmeleitung?

Instinktiv würde ich darauf antworten: „Zu viel.“ Einfach, weil so viele Dinge zu tun sind, die in der schieren Masse leicht untergehen. Nachfolgend deswegen ein kleiner Versuch der Skizzierung einer normalen Sendung:

Angies Vorbereitung für die Servus Hockey Night beginnt seit fast jeher bereits weit vor dem jeweiligen Sonntag oder Spieltag. Personaleinteilungen oder Updates landen genauso in ihrem Postfach, wie bereits erste Updates zu Sendungsgästen oder technischen Specials (Schlittschuh-Kamera, Voraufzeichnungen am Eis, mit Mikrofonen verkabelte Schiedsrichter, etc).

Warum? Weil sich die Bayerin auch für die Erstellung der sogenannten „Dispo“ verantwortlich zeichnet. Die Dispo – kurz für Disposition – ist ein zuletzt bis zu 20 Seiten starkes Konvolut an Timings, Informationen und Plänen für eine jede Servus Hockey Night.

Wo wird produziert? Wie lautet das On- & Off-Air-Personal? Welche Kameras und technischen Lösungen müssen wo aufgebaut werden? Wer sind die Ansprechpartner in der Halle, bei den Vereinen und bei der Liga?

Selbst kleinste Details wie Tonspurbelegungen im Ü-Wagen, die Anzahl der Mitschnitte für Vereine oder Schiedsrichter sowie die exakten zeitlichen Abläufe für den kompletten Sendungstag sind in der Dispo festgehalten.

Nichts soll dem Zufall überlassen werden, damit man am Tag der Übertragung auch tunlichst nie unangenehm überrascht werden kann. Die Organisation des beziehungsweise die Abläufe am Gameday sind da noch in weiter Ferne.

Ein Exkurs

Bald werden nicht nur On-Air-Leute gesucht, sondern auch Mitarbeiter im Hintergrund. Für die Aufnahmeleitung drängen sich früh zwei Damen auf, Angie von Thun und Constanze Portune.

Die beiden zeichnen sich in den ersten Jahren fast durchgängig für die Vor-Ort-Koordinationen verantwortlich, übernehmen bald auch die ehrenvolle (oder leidvolle – je nach Betrachtungsweise) Aufgabe die Dispos zu erstellen. Portune wechselt bald zum Ü-Wagen-Dienstleister NEP, von Thun bleibt der Servus Hockey Night treu.

Angie von Thun, Constanze Portune

Die Beste ihres Faches

Ich habe den Job der Aufnahmeleitung einmal folgendermaßen umrissen: „Man braucht dort jemanden, der/die Ärsche treten kann.“ Das ist natürlich überspitzt formuliert, beinhaltet aber schon DIE Grundtugend einer guten Aufnahmeleitung.

Die Aufnahmeleitung sollte resolut aber nicht ungut, hemdsärmelig aber nicht zu hands-on, koordinierend & kommunikativ aber nicht zu sehr in Mikro-Management verfallend sein.

All das und noch viel mehr trifft auf Angie von Thun zu. Sie ist eine der nettesten Menschen, die ich kenne und gleichzeitig weiß man - ohne es je selbst erlebt zu haben - dass man sich bei ihr nicht zu viele Scherze erlauben sollte.

Ein Phänomen das sich wohl Autorität nennt. Etwas, das von Thun mit dem Frühstücksmüsli inhaliert. Und gleichzeitig: immer noch, immer wieder und vor allem immer weiter diese positive Art und herzerfrischende Freundlichkeit.

Ach ja, in Sachen Ärsche treten? Ich traue ihr auch zu, dass sie den Allerwertesten von Chuck Norris treten könnte. Mehrfach. Aber das nur am Rande.

Gameday - Pre Game

Gameday – no na ned - der wichtigste Tag für die meisten an einer Servus Hockey Night Beteiligten. Das Besprochene, das Geplante, das durch den Spieltag oder die Playoff-Runde davor kurzfristig Upgedatete wird nun (endlich) umgesetzt.

Von Thun ist eine der ersten Personen in der Halle. Startet der Aufbau des TV-Equipments pünktlich? Hat der Eismeister die richtigen Timings? Gibt es Sonderwünsche der Redaktion, die abgeklärt oder angekündigt gehören?

Viele unbemerkte - oftmals als selbstverständlich hingenommene -Handgriffe, die Angie bis zum Eintreffen des Kern-(On-Air-)Teams bereits vorgenommen hat.

Dazwischen irgendwo werden noch die Kaffee-Maschine und die Süßigkeiten für das Team präpariert, To Dos für kommende Sendungen bereits projektiert, mit Hallen- und Vereinsmitarbeitern parliert … Würde es bei Liga-Vertretern und Vereinen eine Umfrage geben wer denn die beliebteste Person aus dem Servus Hockey Night-Team ist, Angie von Thun würde diese mit großem Abstand für sich entscheiden. Jede Woche, jeden Monat, jede Saison.

Gameday - Action!

Face Off, endlich. Das Spiel kann losgehen. Doch die Refs blicken direkt zuvor erst einmal prüfend zu Angie von Thun, die mittlerweile ihre Position auf der Strafbank eingenommen hat.

Sie gibt letztlich bei TV-Spielen die Scheibe (meist auf Ansage des Regisseurs) frei. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Replays einer Szene auch beendet sind und der Fan am TV-Bildschirm nicht bereits wieder mitten im laufenden Spielgeschehen einsteigen muss.

Drei Stunden vor dem ersten Puck-Einwurf findet die Redaktionsbesprechung statt. Der Ablauf wird ein letztes Mal besprochen und etwaig adaptiert.

Direkt danach informiert AvT (so ihr Kürzel) über die Timings.
15:30 Uhr: „technischer Check, das heißt alle auf ihren Positionen“
15:45 Uhr: „Interviews Heimteam“
15:55 Uhr: „Interviews Auswärtsteams“
16:15 Uhr: „Voraufzeichnung Hero-Shots / On-Ice-Drehs / längere Talks“
16:30 Uhr: „Probe des Vorlaufs“
17:05 Uhr: „Alle Standby“
17:15 Uhr: „Start der Sendung“
Von Thun schwingt das Zepter und alle folgen ihr. Mit Recht.

Für Regisseur und Leiter der Sendung ist sie der Dreh- und Angelpunkt in der Halle. Im Englischen wird „Aufnahmeleitung“ mit „floor manager“ übersetzt.

Von Thun managt was dort am Floor also rund um die Eisfläche passiert, wann gespielt wird, wann pausiert wird, wer zum Interview kommt, welcher Pausengast physisch wann und vor allem wo zu sein hat.

Sie ist diejenige, die direkt nach der Pausensirene die Spieler vor die Interview-Wand bittet (oder zieht), die die Interview-Gäste im Vorfeld wissen lässt, wo sie wann sein müssen, sie ist diejenige die Trainer nach einem Spiel festhält, damit es auch von der Verlierermannschaft zumindest eine Stimme auf Sendung gibt.

Nur durch ihr Tun und Wirken können Abläufe eingehalten werden, nur durch sie geschieht es, dass am Ende auch tatsächlich eine gelungene TV-Sendung steht.

Gameday - Post Game

Das Spiel ist vorbei, die Übertragung beendet, die On-Airs machen sich aus dem Staub. Von Thun? Überführt die Erkenntnisse aus dem De-Brief in digitale Dokumente, packt ihre Siebensachen und klärt ein letztes Mal mit Eismeistern, Vereinsvertretern und Ü-Wagen-Crew ob denn alles gut verlaufen ist.

Ein langer Tag neigt sich dem Ende zu, im Wissen, dass bald wieder ein neuer, langer Tag warten wird. Und jetzt stellt euch dieses Szenario viele hundert Mal vor. Es braucht einen ganz speziellen Schlag Mensch, um dieses Pensum Woche für Woche, Jahr für Jahr zu absolvieren.

In diesem Sinne: Danke Angie!

Darum: Wenn ihr das nächste Mal eine tadellose Live-Übertragung erlebt wo alle Timings eingehalten werden, alle Interviewpartner zur richtigen Zeit am richtigen Ort stehen und alle Crew-Mitglieder am Ende zufrieden nach Hause gehen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sich Angie von Thun für die Aufnahmeleitung verantwortlich gezeichnet hat. Denkt an und dankt solchen Leuten wie ihr. Immer da, immer gut, für immer „unsung hero“ der Servus Hockey Night.

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